Der Monsanto-Bayer-Deal: Da warens nur noch drei

Nr. 38 –

So gross hat noch nie eine deutsche Firma im Ausland eingekauft: Der Chemiekonzern Bayer übernimmt den US-Agroindustrieriesen Monsanto. Letzte Woche sind die beiden einig geworden. Doch zum Kaufpreis von 66 Milliarden US-Dollar gehört auch ein Berg Schulden. Denn Monsanto hat Probleme. Ziemlich grosse.

Nicht nur in Europa, nicht nur bei kritischen KonsumentInnen, für die der Konzern längst als Synonym für ein rücksichtsloses Gift-und-Gentechnik-Agrarmodell steht, ist der Ruf ruiniert. Nein, Monsanto hat auch dort Probleme, wo man bis heute an dieses Modell glaubt: zu Hause, im Mittleren Westen der USA. Dort erlitten diesen Sommer Nutzpflanzen von Reis bis Pfirsich schwere Schäden oder starben gleich ganz ab. Im Verdacht steht das Unkrautvernichtungsmittel Dicamba, versprüht auf Baumwolle und Soja. Diese sind von Monsanto gentechnisch so verändert, dass ihnen Dicamba nichts anhaben kann – aber der Wind verbreitet das Mittel weit über die behandelten Felder hinaus. Und das von Monsanto versprochene neue, weniger flüchtige Dicamba-Präparat ist noch nicht zugelassen.

Dahinter steht ein noch viel grösseres Problem: Dicamba braucht es nur, weil in den US-Ackerbaugebieten fast alle Unkräuter gegen das Erfolgsprodukt von Monsanto, Roundup, resistent geworden sind. Der Roundup-Wirkstoff Glyphosat steht zudem im Verdacht, Krebs zu erregen; in der EU wird heftig über die weitere Zulassung gestritten. Auch die derzeit tiefen Preise für Agrarrohstoffe helfen dem Konzern nicht: Global können sich weniger LandwirtInnen Monsanto-Produkte leisten als noch vor vier Jahren.

Schwierige Zeiten also – gut für Strukturbereinigungen. Ende 2015 kündigten Dow und Dupont ihre Fusion an, dann schnappte sich Chem China die Schweizer Syngenta – da stieg auch für Monsanto der Zwang zum Wachstum. Wenn alle drei Deals durchkommen, verkaufen drei Firmen rund sechzig Prozent des Saatguts und fast zwei Drittel der Pestizide dieser Welt. Nur scheint das kaum jemanden zu beunruhigen. Kein Wunder: Zumindest in den reichen Ländern ist der Anteil am Einkommen, der für Nahrung ausgegeben wird, stetig gesunken. Was für unsere Grosseltern seltene Delikatessen waren – Schokolade, Lachs oder Huhn –, ist heute billig. Verständlich ist auch, dass Tiefpreise als sozial gelten.

Doch die Tiefpreise im Lebensmittelhandel haben ganze Wirtschaftszweige aufgerollt. Discounter zwingen ihre Zulieferer, die Preise zu senken, diese geben den Druck an die LandwirtInnen weiter. Die Folgen: Tierquälerei und Umweltzerstörung, Verdrängungskämpfe und Tieflöhne im ganzen Sektor – wovon wieder die Discounter profitieren. Wenn nun die Saatgut- und Pestizidkonzerne ihre Stellung ausnutzen und die Preise erhöhen, sitzen die LandwirtInnen endgültig in der Klemme: abhängig von teuren Inputs und von AbnehmerInnen, die fast nichts bezahlen.

Es braucht politische Antworten auf die gefährliche Konzentration der Agrokonzerne. Die Wettbewerbsbehörden der EU und der USA könnten den Dow-Dupont- und den Monsanto-Bayer-Deal noch verhindern; viele US-DemokratInnen fordern ein entschiedeneres Vorgehen gegen Megafusionen. Einen anderen Weg geht das Monsanto-Tribunal, das sich im Oktober in Den Haag trifft: Es wirft dem Konzern diverse Menschenrechtsverletzungen vor. Das Tribunal bleibt symbolisch, doch es arbeitet mit JuristInnen auf der Grundlage des internationalen Strafrechts. Es erhöht den Druck, Straftaten multinationaler Unternehmen zu ahnden.

Genauso wichtig sind Alternativen in der Praxis: eine Landwirtschaft, die sich von diesen Abhängigkeiten befreit. Bei den Pestiziden ist die Antwort klar: den Biolandbau und die Bioforschung stärken. Beim Saatgut ist es schon schwieriger. Um öffentlichen Interessen dienen zu können, braucht die Pflanzenzüchtung öffentliche Unterstützung (siehe WOZ Nr. 13/2016 ). Die Abhängigkeit von den AbnehmerInnen lässt sich mit direkter Zusammenarbeit zwischen Produzentinnen und Konsumenten durchbrechen – doch das ist vielerorts enorm schwierig geworden. In den USA wohnt in den Regionen mit den fruchtbarsten Böden fast niemand mehr: Dort gibt es nur noch Soja und Mais.