Linke in Spanien: Groteske Szenen in Madrids Sozi-Zentrale

Nr. 40 –

Nachdem der Vorsitzende des Partido Socialista Obrero Español (PSOE), Pedro Sánchez, am Samstag von der Parteirechten gestürzt worden ist, scheint der Niedergang der spanischen SozialistInnen kaum noch aufzuhalten. Der Machtkampf hatte mit der Einberufung eines ausserordentlichen Parteitags durch Sánchez und dem darauf folgenden Rücktritt des halben Parteivorstands begonnen.

In der Folge kam es zu grotesken Szenen in der Parteizentrale in Madrid: Als die zurückgetretenen Vorstandsmitglieder eine «Übergangsleitung» bildeten und den Parteiapparat zu übernehmen versuchten, verweigerten Sánchez und seine AnhängerInnen den Abtrünnigen den Zutritt zum Parteihaus. Erst durch den Druck der grossen Medien, allen voran der weit nach rechts gerückten Tageszeitung «El País» (die Sánchez in Leitartikeln wüst beschimpfte), wurde der PSOE-Vorsitzende schliesslich zum Rücktritt gezwungen.

Ursache des Streits ist die sich seit einem Jahr hinziehende Regierungsbildung. Die meisten Barones («Regionalfürsten») des PSOE werben für eine informelle Grosse Koalition mit dem rechten Partido Popular (PP), wie sie auch von Unternehmensverbänden, Medienkonzernen und der EU-Kommission unter der Hand gefordert wird. Sánchez hingegen hatte die Partei auf ein Nein gegen Regierungschef Mariano Rajoy eingeschworen.

Dabei ist Sánchez keineswegs Linkssozialdemokrat wie der britische Labour-Chef Jeremy Corbyn. Sánchez war bei der Wahl zum Vorsitzenden 2014 vom Parteiestablishment massiv unterstützt worden, weil er der Staatsräson – der Abwehr föderaler Reformen und der Fortführung der neoliberalen Wirtschaftspolitik – verpflichtet schien. Doch er begriff eben auch, dass sich der PSOE durch eine Grosse Koalition selbst überflüssig machen würde.

Vor diesem Hintergrund bemühte sich Sánchez zuletzt erneut darum, eine eigene Regierungsmehrheit zu schmieden, wie sie rein rechnerisch möglich wäre. Dafür hätte er allerdings nicht nur mit Podemos koalieren, sondern sich auch von den katalanischen Unabhängigkeitsparteien ERC und PDC stützen lassen müssen. Allein dieses Gedankenspiel reichte den PSOE-Baronen aus, um die Notbremse zu ziehen.

Die politische Krise dürfte sich trotz der nun möglichen Regierungsbildung weiter verschärfen. Die katalanische Autonomieregierung hat letzte Woche ein verbindliches Unabhängigkeitsreferendum für September 2017 angekündigt, das die spanischen Parteien (mit Ausnahme der linken Koalition Unidos Podemos) notfalls auch mit Gewalt verhindern wollen. Vor diesem Hintergrund wird die wichtigste Mission der «nationalen Einheit» aus dem PP, den konservativen Ciudadanos und dem PSOE wohl darin bestehen, die Demokratie- und Souveränitätsbestrebungen Kataloniens zu stoppen.