Neues aus der Wissenschaft: Ein Hoch auf die Paranoia

Nr. 47 –

Endlich wissen wir, wie es Donald Trump schaffen konnte, der neue Präsident der USA zu werden. Eine eben in der renommierten Fachzeitschrift «Frontiers in Psychology» erschienene Studie hat untersucht, was es braucht, um die Karriereleiter bis ganz an die Spitze hochzuklettern. Offenbar gehören dazu ganz bestimmte Persönlichkeitsmerkmale wie etwa das Gefühl, von anderen nicht nur ausgenutzt und hintergangen zu werden, sondern geradezu von Feinden umzingelt zu sein – und die entsprechende Entwicklung von Verteidigungsmassnahmen. Dazu zählt eine akribische Beobachtung des sozialen Umfelds, die dazu führt, dass die Einteilung in Freund und Feind häufig wechselt. Der Fachbegriff für dieses karrierefördernde Persönlichkeitsmerkmal? Paranoia.

Donald Trump liefert fast täglich neues Anschauungsmaterial mit seinen Scharaden bei der Kabinettsbildung. Uneingeschränktes Vertrauen scheint im Moment einzig der Schwiegersohn zu geniessen. Wohin eine zunehmend übersteigerte Paranoia führen kann, hat Trumps Amtsvorgänger Richard «Tricky Dick» Nixon demonstriert, der 1968 an die Macht kam. Nixon zeichnete alle Gespräche im Oval Office mit versteckten Tonbändern auf, weil er seinen MitarbeiterInnen misstraute, und liess auch JournalistInnen aushorchen. Seine Paranoia wurde ihm schliesslich zum Verhängnis, als er im Watergate-Gebäude ins Hauptquartier der DemokratInnen einbrechen liess, um Abhörwanzen zu installieren. Ein Amtsenthebungsverfahren zwang ihn 1974 zum vorzeitigen Rücktritt.

Paranoia scheint also nicht nur den beruflichen Aufstieg zu fördern – im Übermass kann sie ihn auch jäh beenden. Der Studienleiter an der Kühne Logistics University in Hamburg spricht denn auch von einem «gewissen paranoiden Verhalten» als einer «durchaus positiven Eigenschaft» von Führungskräften. Seine Resultate beruhen auf wiederholten Befragungen von 441 Angestellten eines Unternehmens. Erhöhte Paranoiawerte stellten sich dabei als Indikatoren für den Aufstieg heraus. Bei der Kühne-Logistics-Uni handelt es sich übrigens um eine Privatuni, entstanden aus einer Spende von fast fünfzig Millionen Franken von Klaus-Michael Kühne respektive seiner Kühne-Stiftung, die die Uni jährlich mit fünf Millionen Franken alimentiert. Kühne ist der Besitzer des Schweizer Transport- und Logistikunternehmens Kühne + Nagel, das sich mit einer privaten Uni auch gleich eine wissenschaftlich optimierte Ausgangslage im eigenen Operationsfeld geschaffen hat. Aber wir wollen ja nicht paranoid werden.

Die Kühne-Stiftung sponsert übrigens auch einen Lehrstuhl an der ETH Zürich mit Millionenbeträgen – im Bereich Logistikmanagement.