Theater: Wer holt die Kotze aus den Ritzen?

Nr. 4 –

Was hat Putzen mit Sex zu tun? Beides gehört zu den Aufgaben von Hausfrauen. Dies zumindest ist die These der beiden Historikerinnen Gisela Bock und Barbara Duden in «Arbeit aus Liebe – Liebe als Arbeit». Geputzt wird laut ihrem 1977 erschienenen Aufsatz aus Liebe zur Familie, Sex erscheint als Arbeit für die Ehemänner. Was umso realer wird, wenn man sich vor Augen hält, dass Vergewaltigung in der Ehe auch hierzulande erst seit 1992 eine Straftat darstellt.

Putzen und Sex – diese beiden Tätigkeiten bringen auch fünf der sechs Schauspielerinnen in «Frauen», einem Theaterstück der Volksbühne Basel, zusammen. In eindeutig sexuellen Posen und mehrheitlich in Rottöne gekleidet, wälzen sie sich auf dem schwarzen Bühnenboden, blicken lasziv ins Publikum und hauchen dazu Sätze wie «Ich kratze so gerne Kotze aus den Fugen». Das wirkt zuerst komisch, dann verstörend – und verschränkt sexualisierte Gewalt und Haushaltsarbeiten, deren «Opfer» bis heute vornehmlich Frauen sind.

Zur Vorbereitung für das Stück erkundete die Regisseurin Anina Jendreyko mit Gesprächspartnerinnen zwischen zwanzig und fast hundert Jahren die Träume und Nöte von Frauen. Auch auf der Bühne treffen viele Generationen und Kulturen aufeinander: Da ist die Moderatorin, die ihren Wiedereinstieg in die Arbeitswelt nach der Geburt der Kinder so lange nach hinten verschiebt, bis sie – wegen ihres Aussehens? – völlig chancenlos ist. Oder die junge Frau, die sich einem Perfektionszwang unterordnet, bis ihre Selbstausbeutung in einen einzigen Schrei mündet.

Wer jetzt denkt, diese zwanghafte Thematisierung von Arbeitsteilung und Körpernormen, wenn es um Frauen geht, sei abgedroschen und langweilig, dem oder der möchte man erwidern: Ja, die Probleme wiederholen sich. Sie zeigen die beharrliche Macht patriarchaler Verhältnisse. Das Stück vermittelt eindringlich die Empörung darüber – mit trockenen Monologen, mit wilden verzweifelten Ausbrüchen, mit Tanzeinlagen und bissigem Humor. Bis Putzen wirklich nichts mehr mit Sex zu tun hat.

«Frauen» im Theater Roxy in Basel vom 26. bis am 28. Januar 2017, jeweils um 20 Uhr. www.theater-roxy.ch