Die Schweiz in Nigeria: Gute Dienste allein sind nicht gut genug

Nr. 19 –

Es ist ein Coup. Am Samstag sind 82 nigerianische Schülerinnen freigekommen, die Boko Haram vor über drei Jahren entführt hatte. Präsident Muhammadu Buhari liess es sich natürlich nicht nehmen, die Befreiung als Triumph im Kampf gegen eine der weltweit mörderischsten Terrororganisationen zu inszenieren. Dabei dankte er auch dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und der Schweizer Regierung für die Vermittlung.

Tatsächlich ist die Freilassung der Mädchen, die jahrelang misshandelt und vergewaltigt wurden, ein bedeutendes und hoffnungsvolles Ereignis. Doch es darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die nigerianische Regierung ansonsten wenig getan hat, um die Bevölkerung vor Gewalt, Vertreibung und Tod zu schützen. Und es erinnert daran, dass die Schweiz ihre «guten Dienste» noch viel stärker in eine gute – sprich: ganzheitliche – Aussenpolitik einbetten könnte.

Als im April 2014 276 Schülerinnen in der nordöstlichen Unruheregion Nigerias entführt wurden, war der globale Aufschrei laut. Und schon kurz nach der Entführung bildete sich auf Anstoss eines Weltbankberaters ein Team aus VertreterInnen der nigerianischen Regierung, des IKRK und der Schweizer Botschaft in Abuja, das nach langen Verhandlungen mit Boko-Haram-Vertrauten im vergangenen Herbst 21 und nun eben 82 Mädchen freibekam.

Dass der jüngste Deal die Freilassung von «fünf Topkommandeuren» Boko Harams umfasste – so ein Regierungsvertreter gegenüber der nigerianischen Zeitung «Vanguard» –, wurde von Oppositionskräften skandalisiert. Denn rücksichtslose Härte gegenüber Boko Haram gehörte bisher zur Staatsraison. Das Militär versucht seit Jahren, die Terrormiliz im Nordosten des Landes von allen Ressourcen abzuschneiden. Durch diese Strategie wird jedoch auch die verbliebene Bevölkerung durch zunehmende Gewalt und akute Mangelernährung bedroht.

Nun muss die nigerianische Regierung beweisen, dass sie wie angekündigt vermehrt auf Verhandlungen setzt, um die weiteren Geiseln zu befreien und um die Zahl der Terroranschläge zu verringern.

Die Schweizer Regierung wiederum sollte sich nicht nur darüber freuen, dass sie in Nigeria wieder einmal mit «guten Diensten» aufgefallen ist. Sie könnte ihre traditionelle Vermittlertätigkeit stärken, indem sie etwa auf eine konsequent friedensfördernde Aussenpolitik setzt. Kriegsmaterialexporte an Staaten, die an Konflikten beteiligt sind – wie derzeit etwa Saudi-Arabien –, passen schlecht dazu. Dank solcher Widersprüche konnte selbst der Boko-Haram-Anführer monatelang mit einem Mowag-Panzer herumfahren.