Spätkolonialismus: Gestörter Frieden in der Savanne

Nr. 19 –

Man möchte sich gelinde gesagt am Kopf kratzen, wenn man die Einladung der Wirtschaftsfakultät der Uni Lausanne (HEC) liest: «… lassen Sie sich betören von den dampfenden Nebelschwaden der friedvollen Savanne. (…) Diese Nacht wird der Montreux Palace Gastgeber sein für ein Afrika der glühenden Farben und lädt Sie ein, den traditionellen Ball der HEC in einer magischen Atmosphäre zu feiern.» Die HEC organisiert jedes Jahr einen pompösen Ball für ihre StudentInnen. Dieses Jahr findet er am 20. Mai unter dem Motto «Masaï Mara» im besagten Luxushotel statt. An einer Tombola werden unter anderem Preise von Citroën, Chopard oder Maurice Lacroix im Gesamtwert von 45 000 Franken verlost. Wer möchte, kann das Gesamtpaket inklusive Abendessen und Übernachtung für 320 Franken erwerben.

In den letzten Wochen wurde der Frieden der Savanne jedoch beträchtlich getrübt. Verschiedene Gruppen wie das Collectif Afro-Swiss und Einzelpersonen haben versucht, die HEC auf die problematische Themenwahl aufmerksam zu machen. Doch das Organisationskomitee reagierte weder auf Kritik noch auf Boykottaufrufe. Bis die Feministische Vereinigung der Uni Lausanne (AFU) eine Social-Media-Kampagne lancierte. Unter dem Hashtag #HEC2017 wurden deutliche Nachrichten verbreitet: «Die Massai werden seit Jahrzehnten ihres Landes und ihrer Ressourcen beraubt. Denkt daran, wenn ihr euch in einem Luxuspalast als ‹Massai-Krieger› verkleidet.» Oder: «Wenn die zukünftige Wirtschaftselite eines Landes aus einer unterdrückten Kultur Kapital schlägt, ist das eine weitere Manifestation von Kolonisierung.» Und dann folgte der Shitstorm: Auf der Facebook-Seite von AFU, aber auch auf privaten Mail- und Facebook-Konten von AFU-Mitgliedern gingen Hassnachrichten ein – rassistische, sexistische, antisemitische Hetze und Witze, massive Vergewaltigungs- und Morddrohungen.

Letzte Woche meldete sich schliesslich das Organisationskomitee des Balls zu Wort und kündigte ein Treffen mit AFU an. Man wolle niemanden verletzen, sondern vielmehr die Kultur der Massai und die Schönheit der Natur im Reservat Masai Mara ehren. Der Anlass sei keinesfalls ein Kostümball. Laut dem Programm auf der Website sollen am Abend jedoch nach wie vor eine Ballkönigin und ein Ballkönig gekürt werden, die die Jury «durch ihre Originalität und Mottotreue verzaubert haben».