Ganz persönlich: Der Banker im Irrenhaus

Nr. 32 –

Wenn das Filmfestival in Cannes ein Jubiläum feiert, gibt es dazu eigens eine mondäne Anthologie mit Geburtstagsfilmen über die Liebe zum Kino, gedreht vom versammelten Hochadel des Autorenfilms: von Theo Angelopoulos bis zu den Gebrüdern Coen, von Lars von Trier bis Ken Loach und David Lynch. Vor zehn Jahren war das, «Chacun son Cinéma» hiess das Geschenk. Die 34 Kurzfilme gibt es auf DVD, darin inbegriffen das chronische Frauenproblem von Cannes: Mit Jane Campion war damals eine einzige Regisseurin dabei, das macht einen Frauenanteil von 2,9 Prozent.

Wenn Locarno ein Jubiläum feiert, gibts stattdessen: ein filmisches Jekami. Das klingt etwas abschätzig, aber #movieofmylife ist wirklich eine famose Idee zum 70. Geburtstag: Erzähl mir in 70 Sekunden von einem Film, der dein Leben verändert hat, aber verrate den Titel erst ganz zum Schluss. Über 180 Kürzestfilme sind inzwischen zusammengekommen, ein kleines Youtube der Filmliebhaberei. In Locarno ist nun zu Beginn jeder Vorführung eine dieser Miniaturen auf der grossen Leinwand zu sehen, die ganze Ladung kann man im Netz durchstöbern.

Die meisten dieser Hommagen stammen von namenlosen Aficionados, andere von Leuten wie Stina Werenfels oder Clemens Klopfenstein, und ein paar ausländische Grössen wie Dario Argento oder Cristian Mungiu sind auch darunter. Manche plaudern einfach in die Kamera, andere liessen sich zu wahren kleinen Kunstwerken verführen. Wie Fabrice Aragno, Kameramann von Jean-Luc Godard, der eine Modelleisenbahn durch eine komplexe Installation aus Filmprojektionen tuckern lässt. Oder Kevin B. Lee, der anhand von «Tokyo Story» einen sehr persönlichen Videoessay über Tod und Erinnerung und das Wesen des Kinos entfaltet.

Nur einer fällt aus dem Rahmen: Das ist Sergio Ermotti, CEO eines Hauptsponsors des Festivals. Er schwärmt von «Einer flog über das Kuckucksnest», wo sich Jack Nicholson ins Irrenhaus einweisen lässt, um dem Gefängnis zu entgehen. Das hat ihm Eindruck gemacht, dem Banker.

Teilnahme noch bis 11. August 2017, siehe www.movieofmylife.ch.