Verkehr: Mit Zynismus gegen den Lärmschutz

Nr. 42 –

Für den Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz ist die Sache klar: «Wer es ruhig will, muss halt auf dem Land wohnen.» Hilft dieser Ratschlag? Ein Versuch zeigt: In den vergangenen sonnigen Wochen war der Lärm auch auf dem Land gewaltig. Rund um den Berner Hausberg Gurnigel etwa dröhnt es an Wochenenden ohne Unterbruch. Das Gebiet liegt zwar im Naturpark Gantrisch, aber den Privatverkehr zu beschränken, wagt niemand. Schliesslich hat das Konzept Naturpark auch mehr mit Tourismusförderung als mit Naturschutz zu tun.

Auch weiter westlich im gleichen Naturpark lassen sich die AutofahrerInnen nichts bieten. Dort fliesst die Sense zwischen Kiesbänken und Auwäldern in einer malerischen Schlucht. Verständlich, dass diese Landschaft Massen von Menschen anzieht. Bei Schwarzenburg können sie auf ehemaligen Armeeparkplätzen bequem parkieren. Der Kanton Bern will nun einen Teil der Plätze aufheben – die Schlucht ist streng geschützt. Das erzürnt viele: «Wir müssen aufstehen, auch zugunsten unserer Nachkommen», sagte der Schwarzenburger FDP-Gemeinderat Andreas Kehrli letzte Woche pathetisch gegenüber dem «Bund». Die Nachkommen? Die werden ihren Weg zum Fluss auch zu Fuss finden – und sich wohl eher darüber empören, wie leichtfertig ihre VorfahrInnen das Klima ruiniert haben.

Gregor Rutz hat derweil erfolgreich geweibelt: Diese Woche hat die Verkehrskommission des Nationalrats seine parlamentarische Initiative angenommen. Damit soll auf Hauptverkehrsachsen innerorts generell Tempo 50 gelten. Tempo 30 soll aus Sicherheitsgründen möglich sein, aber nicht für den Lärmschutz. Das Geschäft geht weiter an die Ständeratskommission.

Lärm macht krank: Der Körper ist in dauernder Alarmbereitschaft, das Herz schlägt schneller, Schlaf bringt weniger Erholung. «Wer es ruhig will, muss halt auf dem Land wohnen»: Rutz’ Argument ist zynisch. Viele Menschen sind auf einen Wohnsitz in der Stadt angewiesen, und wer wenig verdient, kann sich oft nur eine Wohnung an einer Hauptverkehrsachse leisten. Der SVP sind diese Menschen egal – die meisten haben ohnehin keinen Schweizer Pass.