LeserInnenbriefe

Nr. 48 –

An der Revolution festhalten!

Essay von Geoffroy de Lagasnerie, WOZ Nr. 47/2017

Ja, die Zeiten haben sich verändert. Eine revolutionäre Euphorie ist zumindest in Europa nicht zu spüren. Neue Bewegungen sind aufgetaucht, und die Zusammenhänge in der Welt sind nicht einfacher geworden. Das merken wir alle. Aber was bedeutet das alles? Der Autor schlägt vor, uns von der Revolution zu verabschieden, und setzt Hoffnungen in einen «General Leak», ein gekünstelter Begriff aus dem Internetzeitalter. Nur weil er sagt, dass er unsicher ist über die Revolution und nicht daran glaubt, heisst das ja zum Glück noch lange nicht, dass die Revolution ausgedient hat. Eine Revolution ist ja genau etwas, das scheinbar unumstössliche Sachen von Grund auf verändert und verschiedene Teile der (Welt-)Bevölkerung zusammenbringt. Bevor Revolutionen passieren, glauben nur sehr wenige daran. Sein Vorschlag, unsere Ideen, unsere Geschichte und Kampfmethoden zu zerschlagen, um dann eventuell etwas Neues und Besseres zu finden, halte ich nicht für sehr erfolgversprechend. Gerade in reaktionären Zeiten wie diesen sollten wir Linke an gewissen Dingen festhalten und nicht alles über Bord werfen. Zu sagen, dass heutzutage ausgerechnet revolutionäre Ideen uns zurückhalten und ein Regime sind, finde ich fahrlässig und fast schon böswillig. Zu sagen, dass kämpfende Teile der Bevölkerung (Schwarze, Frauen, Queer, Flüchtlinge) nur für ihre eigenen Interessen kämpfen, ist auch falsch. Ganz allgemein verstehe ich nicht, warum man als linke Zeitung auf der Titelseite einen Artikel eines linken Philosophen mit den Worten «Die Revolution: Vergiss sie!» ankündigen muss, gerade anlässlich von hundert Jahren Russische Revolution.

Bastian Würth, per E-Mail

Wieso kein Schweizer Soja?

«Sojabohnenschlachterei», WOZ Nr. 46/2017

Das Porträt dieser Manufaktur hat mir gefallen, an mehreren Stellen dachte ich: «Ja, genau so muss ein Betrieb organisiert sein.» Was mich dann aber stutzig gemacht hat, ist die Herkunft der Sojabohnen: Wieso müssen die aus Italien über die Alpen gekarrt werden, während der in den letzten Jahren im Inland aufgebaute Biospeisesojaanbau mit Absatzschwierigkeiten kämpft? Die Anbaufläche musste für die vergangene Saison bereits wieder reduziert werden, obschon einige Landwirte gerne Soja anbauen würden.

Matthias Bucheli, Les Bois

Von wegen fröhlich

«Mehr Bio, weniger Schwein» und «Georg Gatsas: Manthe Ribane ll», WOZ Nr. 47/2017

Den Artikel finde ich ausgezeichnet, meine Kritik richtet sich gegen die Bildlegende: Kein Wunder, erhält Bettina Dyttrich einen Preis von Agrisano, helfen sie und die WOZ doch zum Beispiel durch den Legendentext zur Abbildung der «fröhlichen» Jungrinder kräftig mit, das Lügengebilde der «guten Tierhaltung in kleinbäuerlichen Strukturen» von Proviande und Konsorten aufrechtzuerhalten. In letzter Zeit wurden im Zusammenhang mit Nachteilen der Nutztierhaltung in verschiedenen Zeitungen beschönigende Bilder gezeigt; einzig im «Blick» erschien eines, das die Lebensrealität des grössten Teils der Nutztiere abbildet!

«Fröhlich» wären die Rinder wohl einzig darüber, im artgerechten Familien(herden)verband leben zu dürfen und ihr natürliches Lebensalter von zwanzig Jahren zu erreichen und nicht im Alter von zwei Jahren geschlachtet zu werden …

PS: Und übrigens werde ich die WOZ per sofort abbestellen, sollte noch einmal ein Pelz unter dem Deckmantel «Kunst» abgebildet werden.

Christine Gadola, Dielsdorf