Menschenrechte in Libyen: Komplizin Europa
Der Krisenstaat Libyen ist für Tausende Geflüchtete zur Hölle auf Erden geworden. Seit langem häufen sich die Berichte über Folter, Vergewaltigungen und Zwangsarbeit in den dortigen Haftzentren – von «KZ-ähnlichen Verhältnissen» schreibt die deutsche Botschaft in Niger in einem Bericht. Ein CNN-Video soll zeigen, wie Geflüchtete in Tripolis als SklavInnen versteigert werden.
An der menschenverachtenden Situation hätten sich die europäischen Regierungen mitschuldig gemacht, hält die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in einem neuen Bericht fest: indem sie Geld, Infrastruktur und Expertise ins Bürgerkriegsland gesandt hätten. Zahlreiche europäische Medien nahmen das Thema auf. Doch was wird sich ändern? Man weiss schon lange um die tödlichen Konsequenzen der europäischen Abschottung.
Dabei fängt die Verantwortung für die Zustände in Libyen beim tatenlosen Zusehen an. Und sie hört beim Agieren im Hintergrund nicht auf, wie der Amnesty-Bericht belegt. Die EU-Staaten machen sich direkt mitschuldig an der humanitären Katastrophe, wenn sie libysche «Behörden» technisch und finanziell unterstützen. Sie sind auch mitschuldig, wenn bei Zugriffen durch die libysche Küstenwache Dutzende Menschen sterben. Auch die Schweiz trägt Verantwortung: durch ihre Beteiligung in der Kontaktgruppe Zentrales Mittelmeer, die letzten Monat in Bern tagte, und indem sie eine Million Franken für Ausbildung und Ausrüstung an die libysche Küstenwache zahlte.
Es ist die Kriminalisierung ihrer Weiterreise, die Geflüchtete für Akteure in Libyen überhaupt erst interessant macht: für Schlepper, für korrupte Beamte, für Menschenhändler – und für die Empfänger von Geldern aus schmutzigen Deals. Sie alle profitieren von der Festung Europa. Und an sie werden wir weiterhin Tausende Geflüchtete ausliefern, solange nicht endlich ein politischer Kurswechsel stattfindet.