Das Wef: Eitel, elitär, egoistisch

Nr. 3 –

Donald Trump ist die ideale Starbesetzung für das Weltwirtschaftsforum in Davos. Keiner verkörpert besser das, wofür das Wef wirklich steht. Die versammelte Öl-, Gas- und Geldindustrie wird es ihm danken.

Es scheint zu wachsen ohne Ende, ganz genau so, wie das auch die globale Wirtschaft soll: Das Weltwirtschaftsforum (Wef) wird immer grösser. Nun kommt nächste Woche auch noch Donald Trump ans Jahrestreffen nach Davos. Das macht den US-Präsidenten nicht nur für den Bündner Tourismus zum Glücksfall, es katapultiert auch das Wef in eine neue Dimension.

Konkurrenz von anderen Kongressen muss das Welttreffen der globalen Wirtschafts- und Politelite schon lange keine mehr fürchten. 1900 Geschäftsleute werden kommende Woche in Davos sein, rund 300 PolitikerInnen, davon 70 Staats- und RegierungschefInnen, neben Trump etwa auch der französische Staatspräsident Emmanuel Macron, der indische Premierminister Narendra Modi und der brasilianische Staatschef Michel Temer. Mit Trump wird fast das halbe US-Kabinett ins Bündnerland reisen, von Aussenminister Rex Tillerson über den Finanzminister Steven Mnuchin bis zu Handelsminister Wilbur Ross und Energieminister Rick Perry. Es geht also Trump keineswegs um eine One-Man-Show – die US-Regierung will am Treffen so richtig teilhaben.

In Davos dominieren die weissen Männer. Zwei Drittel der TeilnehmerInnen stammen aus Nordamerika und Europa, fast vier Fünftel sind männlich. Sie sollen nach den Worten von Wef-Gründer Klaus Schwab mit einem «ganzheitlichen, konstruktiven und kollaborativen Ansatz» und in einem «gigantischen Workshop» an einer «gemeinsamen Zukunft in einer zersplitterten Welt» arbeiten. «Wenn wir alle zusammenkommen, dann können wir Lösungen finden, die nötig sind», meint der neue Wef-Präsident Borge Brende. Um Plattitüden waren die Wef-Funktionäre nie verlegen.

«Globale Unternehmensbürger»

Das Wef ist inzwischen ein mittelgrosser Konzern. Allein in den letzten vier Jahren ist die Stiftung mit Sitz in Genf um über 200 Beschäftigte auf rund 650 Angestellte angewachsen, der Umsatz stieg um fast 100 Millionen auf neu 280 Millionen Franken. Die zusätzlichen Mittel stammen fast vollständig von den sogenannten Partnern des Wef: globalen Konzernen, die je nach Status Zehntausende bis Hunderttausende von Franken an Jahresbeiträgen zahlen – und dafür gegenüber gewöhnlichen Mitgliedern zusätzliche Privilegien geniessen und das Wef-Netzwerk ausgiebiger für ihre Zwecke nützen können.

Die Elite der Elite in dieser Wef-Hierarchie bilden die sogenannten strategischen Partner. Dabei handelt es sich um hundert Konzerne, von denen laut Wef «jeder in seinem Bereich eine ausgewiesene Führungsrolle in der Mission des Wef übernimmt, den Zustand der Welt zu verbessern». Nur die anerkanntesten Unternehmen, die ihre «gute Geschäftsführung» bewiesen hätten und die Werte des Wef befolgten, würden zu dieser Partnerschaft eingeladen. Sie würden eine entscheidende Rolle als «globale Unternehmensbürger» spielen.

Tatsächlich finden sich unter diesen hundert Superunternehmen illustre Namen: So stehen mehrere Schwergewichte der Öl- und Gasindustrie auf der Liste, die massgeblich die Verantwortung für den Klimawandel tragen, etwa Saudi Aramco, der nicht nur der weltweit grösste Ölkonzern überhaupt ist, sondern auch als das wertvollste Unternehmen der Welt gilt. Der Konzern ist zu hundert Prozent im Besitz der saudischen Henkerdiktatur. Auch der Socar-Konzern gehört zu Schwabs Lieblingsunternehmen. Die staatliche Öl- und Gasgesellschaft aus Aserbaidschan versorgt die korrupte Diktatur des Landes mit den nötigen Finanzen und gerät wegen dubioser Zahlungen immer wieder in die Schlagzeilen.

BP und Chevron, zwei weitere Ölkonzerne, die mit dem Wef eine strategische Partnerschaft abgeschlossen haben, sind in den letzten Jahren vor allem durch Umweltskandale aufgefallen. Wie Aramco und Socar arbeiten auch sie an der Erschliessung neuer Öl- und Gasfelder – als ob es die Debatte um den Klimawandel gar nicht gäbe.

Einen besonders hohen Anteil «strategischer Partner» machen die privaten Grossbanken aus, darunter fast alle Schwergewichte wie Goldman Sachs, JP Morgan Chase, Bank of America, die HSBC oder auch die Credit Suisse. Diese «globalen Unternehmensbürger» gehören gemäss einer aktuellen Studie der Umweltorganisation Rainforest Action Network allesamt zu den grössten Financiers klimaschädigender Kohle-, Öl- und Gasfirmen. Sie gehörten auch zu den Mitverursachern der Finanzkrise von 2008. Und wie die Ölkonzerne zählen sie zu jenen Unternehmen, die von Trumps Politik bislang am meisten profitiert haben.

Natürlich kann das Wef-Programm nicht nur daran gemessen werden, wer es finanziert. Gewiss ist es sinnvoll, wenn in Davos versucht wird, Spannungen zwischen Staaten abzubauen und neue Initiativen im Kampf gegen den Hunger oder Krankheiten zu lancieren. Doch letztlich ist das nur das Rahmenprogramm.

Im Kern geht es in Davos darum, globalen Konzernen ein Forum zu bieten, auf dem sie sich gegen viel Geld untereinander und mit PolitikerInnen aus aller Welt treffen können. Das ist auch der Grund, weshalb so viele PolitikerInnen aufkreuzen. Sie wollen, dass die Konzerne in ihren Ländern investieren. Diese wiederum können die für sie besten Bedingungen fordern: tiefe Steuern, Infrastrukturbauten, eine möglichst lasche Sozial- und Umweltgesetzgebung.

Der Applaus der Konzerne

Trump hat im vergangenen Jahr genau das in den USA erfolgreich durchgesetzt. Er kommt jetzt mit seinen Ministern nach Davos, um zu ernten. Die KonzernvertreterInnen werden ihm applaudieren. Die Botschaft für alle anderen Staaten ist klar: Wer ebenso von den Konzernen umgarnt werden will, muss es Trump gleichtun.

So gesehen ist Trump am Wef kein Aussenseiter. Seine Ansichten sind in vielen Punkten mit den viel zitierten «Davos Men» deckungsgleich. Im Gegensatz zu den Wef-Verantwortlichen ist er vielleicht sogar noch einen Tick weniger aufschneiderisch. Er gibt nicht vor, die Welt zu retten. Er begnügt sich damit zu behaupten, die USA wieder gross machen zu wollen. Die Davos Men kommen ihm da gerade recht. Er kann seinen WählerInnen zeigen, dass man ihn hier respektiert und hofiert.

Für die Wef-Leute wiederum ist Trump die Bestätigung ihrer Wichtigkeit. Und sollte der US-Präsident mit seinem eitlen Geschwätz für Unmut sorgen – auch egal. Denn dann fällt nur umso weniger auf, wie eitel, elitär und egoistisch das Wef-Treffen als Ganzes ist.