Was weiter geschah: Aufatmen, weiterkämpfen
Neun Jahre im Untergrund, dann siebzehn Monate im Gefängnis in Zürich – nun kann Nekane Txapartegi erstmals wieder aufatmen: Mitte März hat die baskische Aktivistin für sich und ihre Tochter endlich die Schweizer Aufenthaltsbewilligung B erhalten. «Ich musste mich ein halbes Jahr durch die Ämter kämpfen», schreibt Txapartegi in einem Communiqué. «Das repressive Vorgehen gegen mich ist auch ausserhalb der Gefängnismauern weitergegangen.»
Txapartegi war 2007 aus dem Baskenland geflohen und untergetaucht. Im April 2016 wurde die heute 45-Jährige in Zürich festgenommen. Der spanische Staat verlangte ihre Auslieferung. Ihr drohte dort eine mehrjährige Haftstrafe wegen «Unterstützung der terroristischen Vereinigung Eta». Txapartegi wehrte sich: Das Urteil beruhe auf einem 1999 unter Folter erzwungenen Geständnis. Dies haben Gutachten von international renommierten Spezialisten bestätigt. Auch der Uno-Sonderberichterstatter über Folter, die Weltorganisation gegen Folter und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International stützen Txapartegis Aussage.
Die Schweizer Behörden wagten es hingegen nicht, einem EU-Land Folter vorzuwerfen. Sie schoben stattdessen nahezu zynisch formulierte Entscheide vor: So bewilligte etwa das Bundesstrafgericht in zweiter Instanz das Auslieferungsgesuch, indem es auf die «demokratische Tradition» des bis 1975 diktatorisch regierten Spanien verwies. Das Staatssekretariat für Migration war im Nachgang vom Bundesverwaltungsgericht gerügt worden, weil es Txapartegis Foltervorwürfe im Asylantrag praktisch durchweg ignoriert hatte.
Im September letzten Jahres erklärte das höchste spanische Gericht Txapartegis Strafe für verjährt. Die baskische Aktivistin wurde aus der Auslieferungshaft in Zürich entlassen. Auch mit Aufenthaltsbewilligung geht der Kampf für sie nun weiter: Nekane Txapartegi will für ihre Haft in der Schweiz eine finanzielle Entschädigung einfordern und weiterhin für die Anerkennung ihrer Foltervorwürfe kämpfen. Und: Sie wird am diesjährigen 1. Mai in Zürich eine Hauptrednerin an der Schlusskundgebung sein.
Nachtrag zu den Artikeln «Nie wieder ins Gefängnis» in WOZ Nr. 38/2017 und «Nekane Txapartegi: ‹Teufelskreis aus Angst und Stress›» in WOZ Nr. 46/2016 .