Nordkorea: Er will doch nur abrüsten

Nr. 17 –

Am vergangenen Wochenende zitierte die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA Regierungschef Kim Jong Un mit den Worten, die Volksrepublik habe die Entwicklung von Nuklearwaffen abgeschlossen und bemühe sich fortan um nukleare Abrüstung. «Unsere Republik wird sich der globalen Anstrengung anschliessen, Nukleartests komplett einzustellen», wird Kim aus einer Sitzung des Zentralkomitees der herrschenden Partei der Arbeit Koreas zitiert.

Diese Ankündigung war zeitlich geschickt lanciert. Am Freitag findet zum dritten Mal ein innerkoreanischer Gipfel statt, bei dem der südkoreanische Präsident Moon Jae In mit Kim Jong Un zusammentrifft. Für Ende Mai oder Anfang Juni wird sodann ein Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Kim erwartet – wo dieses stattfinden wird, steht allerdings noch nicht fest. In Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang glauben derweil die Aussenpolitiker und Diplomaten der Volksrepublik, einen Etappensieg im Atomstreit mit den USA errungen zu haben, gemäss einer kühl kalkulierten Logik: Wenn man schon international nicht als Freund geachtet ist, will man wenigstens als Feind auf Augenhöhe geächtet werden.

Bis vor kurzem galt es im politischen Washington als ausgemacht, eine nukleare Abrüstung seitens Nordkoreas sei undenkbar, weil Kim eine solche Idee strikt ablehne. Man habe deshalb nur zwei Optionen: entweder ein atomar bewaffnetes Korea zu akzeptieren oder «maximalen Druck» auszuüben – und einen Krieg zu riskieren. Doch wie ausgerechnet die Südkoreaner feststellten, ist diese Auffassung falsch. Kim Jong Un bringt wieder die ursprüngliche Idee eines atomaren Abrüstungsabkommens mit den Amerikanern ins Spiel, die sein Vater Kim Jong Il vor dessen Tod im Jahr 2011 vorgeschlagen hatte.

Tatsächlich hatte Chung Eui Yong, Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrats Südkoreas und Sonderemissär von Präsident Moon Jae In, Anfang März über sein Treffen mit Kim Jong Un in Pjöngjang bekannt gegeben, dass dieser Donald Trump einen Plan über die vollständige atomare Abrüstung überreichen wolle, und zwar in Verbindung mit einer Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Nordkorea. Laut Chung stellte Kim Jong Un klar, «dass die nukleare Abrüstung der koreanischen Halbinsel eine Anweisung seines Vorgängers sei und es keinerlei Änderung einer solchen Anweisung gegeben habe».

Rainer Werning ist unter anderem Koautor des jüngst in der Edition Berolina, Berlin, erschienenen Buchs «Brennpunkt Nordkorea».