Mercosur-Abkommen: Profitieren würden die Brutalsten

Nr. 21 –

2016 wurde Michel Temer unter zweifelhaften Umständen Präsident Brasiliens. Seither nehmen Ungleichheit und Armut zu – die Brutalität auch. Lisa Salza von Amnesty International Schweiz sagt: «Seit Temer an der Macht ist, hat der Kongress Hunderte von Gesetzes- und Verfassungsänderungen vorgeschlagen – allein 2017 waren es um die 200 –, die eine ernste Bedrohung für die Rechte von Millionen Menschen darstellen.»

Temer und seine Minister – allesamt weisse Männer in einem Land, in dem mehr als die Hälfte der Bevölkerung nicht weiss ist – wollen Schwangerschaftsabbrüche verbieten, das Waffengesetz lockern, die Rechte von Indigenen beschneiden, Proteste stärker kriminalisieren. Und Militärangehörige, die aussergerichtlich Menschen hinrichten, könnten in Zukunft straffrei bleiben: Ein entsprechendes Gesetz hat Temer bereits im Herbst verabschiedet.

Brasilien ist Mitglied des «Gemeinsamen Marktes Südamerikas» Mercosur. Mit den Mercosur-Staaten möchten die EU und die Schweiz möglichst bald Freihandelsabkommen abschliessen. Anfang Mai reiste Bundesrat Johann Schneider-Ammann deshalb mit Politikerinnen und Wirtschaftsvertretern nach Südamerika. Wegen des laufenden Wahlkampfs habe es in Brasilien keine Treffen mit Ministern gegeben, sagt Erik Reumann, Sprecher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung. Schneider-Ammann habe sich jedoch mit der NGO Solidaridad South America über die Nachhaltigkeit der brasilianischen Landwirtschaft ausgetauscht. Solidaridad ist allerdings keine Menschenrechtsorganisation, sondern eine NGO mit niederländischem Hauptsitz, die im Fairtrade-Bereich aktiv ist.

Temers wichtigste Stütze sind die GrossgrundbesitzerInnen – den als «Sojakönig» bekannten Blairo Maggi machte er kurzerhand zum Landwirtschaftsminister. Viele GrossgrundbesitzerInnen äussern sich offen rassistisch und schrecken auch vor Morden an Indigenen und AktivistInnen der Landlosenbewegung nicht zurück (siehe WOZ Nr. 50/2017 ). Freihandel mit der EU und der Schweiz würde die Nachfrage nach brasilianischem Fleisch ankurbeln – profitieren würden davon sicher nicht die Landlosen.