Keine Anerkennung: Bundesrat gegen Roma

Nr. 23 –

Die «Schweizer Staatsangehörigkeit» der Roma sei nicht ausreichend belegt, schrieb der Bundesrat. Am 1. Juni verweigerte er den Schweizer Roma und Romnija die Anerkennung als nationale Minderheit. Es waren Schweizer Roma, die den Antrag für die Anerkennung eingereicht hatten. Ein historisches Gutachten lag bei und belegte: Roma gehören seit 600 Jahren zur Schweiz; daran ändert auch die Verfolgung von 1471 bis 1848 und von 1888 bis 1972 nichts. Der Bundesrat erkennt und kritisiert in seiner Mitteilung Rassismus gegen Roma in der Schweiz, aber er verkennt offensichtlich, dass die Anerkennung daran etwas hätte ändern können. Antiziganismus ist salonfähig und druckbar.

Ebenfalls vergangene Woche zeigte das die «Thurgauer Zeitung» wieder einmal: Am Ortsrand von Steinach SG waren fahrende Roma bei einem KMU eingemietet. Man erfuhr davon durch eine SVP-Brille. Schon im Lead des ersten Artikels wurde von «lügenden Wahrsagern» und «Ladendiebstählen» fabuliert. Ein gutes Dutzend rassistische Beleidigungen brachte die Journalistin auf einer Zeitungsseite unter. Die Aussagen des Arboner SVP-Fraktionschefs Roland Schöni reichten ihr nicht: Die heftigsten Aussagen hat sie von Facebook-NutzerInnen kopiert. Sogar bei der ausgleichenden «Gegenstimme» klang Rassismus an. «Die Roma sind nicht schlecht, sie sind einfach anders», liess sich der Steinacher Gemeindepräsident zitieren. Das drückt die bundesrätliche Ablehnung der Anerkennung als nationale Minderheit auch aus: Roma sind fremd und bleiben fremd. Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat Anzeige gegen den Arboner SVP-Fraktionschef erstattet. Dieser bekam deshalb von der «Thurgauer Zeitung» noch ein Interview.

Die in Steinach SG eingemieteten Roma sind schon vor dem Erscheinen des ersten Artikels «plötzlich abgezogen» («Thurgauer Zeitung»). Mit ihnen hat niemand gesprochen. Die strukturelle Diskriminierung der ungeschützten Minderheit durch die Mehrheit in a nutshell.