Pop: Wie das g in Lasagne
Im Song «Mood» folgen wir Sängerin Syd und einer flockigen Funkgitarre bis ins Schlafzimmer. Dort sitzt sie ihrer Angebeteten und einer Flasche Wein gegenüber, steigt auf Wolke sieben und ihr Herz klopft wie … Die Gitarre geht aus, und wir hören, dass uns dieser erregte Herzschlag in Form eines verschobenen Beats schon während des ganzen Songs begleitet hat. Die folgende Zeile richtet sich also auch an uns: «You feel it right?».
Syd war als Syd Tha Kyd einst Produzentin und DJ für das Hip-Hop-Kollektiv Odd Future aus Los Angeles um Leute wie Tyler, the Creator oder Frank Ocean, aber erst als Sängerin der Neo-Soul-Gruppe The Internet blüht ihre Brillanz wirklich auf. Eigentlich dreht sich bei The Internet jedoch alles ums Kollektiv: Auf das letzte Album namens «Ego Death» folgt jetzt «Hive Mind» (Schwarmintelligenz). Das Album evoziert rosafarbene und dunklere Stimmungen eines Liebeslebens – musikalisch vom treibenden «Roll (Burbank Funk)» bis zum wolkigen, fast gehauchten «Stay the Night», thematisch von der Kuschelbeziehung bis zum Booty Call. Aber immer mit utopischem Zug nach vorne.
Explizit politisch wird es höchstens in «It Gets Better (with Time)». Zuerst spricht Syd jemandem in einer dunklen Stunde Mut zu, dann ruft der Rapper und Albumgast Big Rube in einem Monolog zu innerer Stärke und Widerstand auf. Dass die utopische Liebe hier vor allem queer zu verstehen ist, ist entweder selbstverständlich oder zeigt sich in Anspielungen – «It Gets Better» ist auch der Name einer LGBTIQ-Organisation.
Doch The Internet verkaufen die Liebe nicht als Heilmittel – im federleichten «La Di Da» steht die Paarung dem Glück sogar im Weg. Er sei nur zum Tanzen gekommen, singt Gitarrist Steve Lacy im Refrain – «Catch a groove, but not with you». Diese Bewegung lässt sich nicht benennen – du bist halt «la di da» oder nicht. Oder wie es der im Song zitierte Rapper Lil Wayne gesagt hat: «Real Gs move in silence like lasagna».
The Internet: Hive Mind. Sony Music. 2018