Pop: Perfekt, die Klage

Nr. 3 –

Es ist eine brutale Welt, von der 21 Savage erzählt. Die Texte des jungen Rappers aus der Hip-Hop-Metropole Atlanta sind entsprechend oft schwer zu ertragen: Frauen als dienstbare Objekte, eine Zeile, die Antisemitismusvorwürfe auslöste, und überall Schusswaffen – eine davon von Usama Bin Laden signiert, wie 21 Savage prahlt. Doch Freude scheint der Protagonist daran keine zu haben – sein aktuelles Album «I Am > I Was» jedenfalls, das seit Anfang des Jahrs an der Spitze der US-Albumcharts steht, zeugt von schwerwiegender Melancholie. Auf den Punkt gebracht wird sie in Zeilen wie dieser: «Ich schlief auf dem Rücken, nur damit ich nicht kuscheln musste.»

Abgesehen von Sprachklang und Wortwitz sind die Texte von 21 Savage, die manches Gangsterrap-Klischee wiederholen, sowieso zum Vergessen. Dafür ist er umso brillanter darin, die Melancholie zum Klingen zu bringen. Der gedämpfte Tonfall und die zugedröhnte Grundstimmung gehen in Richtung Mumble Rap, doch die Artikulation ist klar und die Stimme höchst präsent. In zwei herausragenden Tracks, «A Lot» und «Ball w/o You», klingt sie etwa gar samtig weich. Die Samples tun das Ihre dazu: «I Love You», trällert ein zuckersüsses Soulchörchen in «A Lot», mit dem das Album beginnt, und in «Ball w/o You» klimpert ein Klavier über einem gedämpften Bass. Wenn das Autotune dann noch sanft an der Stimme zieht, ist die Klage perfekt.

«I Am > I Was» ist auch ein Beispiel dafür, wie die Stilmittel des Traps, der als bis zur Verblödung simplifizierte Spielerei erfolgreich wurde, sich im Inventar des zeitgenössischen Raps verankert haben. Das Beste bei 21 Savage ist sein eleganter Flow, geschickt wechselnd zwischen verschiedenen Tempi sowie zwischen geraden Metren und den typischen Triolen aus dem Trap. So derb und platt sich 21 Savage in seinen Texten manchmal gibt, so zart und subtil hört er sich musikalisch an.

21 Savage: I Am > I Was. Epic. 2018