Ökonomische Aspekte: Ist Permakultur rentabel?

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In der Normandie erzielt ein Permakulturhof im Gemüsebau traumhafte Umsätze. Eine Zauberformel für hohe Einkommen liefert die Praxis trotzdem nicht.

Über 57 000 Euro – so viel Umsatz machte der Permakulturhof Bec Hellouin in der Normandie im Jahr 2014. Und das nicht etwa total, sondern allein schon auf einem kleinen Teilstück: auf einer von Hand bewirtschafteten, gerade mal tausend Quadratmeter grossen Gemüseparzelle. Das ist weit mehr als im französischen Gemüsebau üblich. Die Zahl sorgte in der alternativen BäuerInnenszene für Wirbel – schliesslich stammte die Studie vom renommierten staatlichen Institut national de la recherche agronomique (Inra).

Anschauungsunterricht für QuereinsteigerInnen

Bec Hellouin ist ein zwanzig Hektaren grosser Hof mit vielen typischen Permakulturelementen: Waldgärten, Hügelbeeten, Tümpeln und Tieren. Das Inra untersuchte die rentabelsten, intensivsten Gemüsebauparzellen, die teils mit Plastikfolie überdacht sind. Perrine und Charles Hervé-Gruyer und ihre MitarbeiterInnen haben den Handarbeitsgemüsebau bis zur Perfektion entwickelt. Sie säen und pflanzen sehr dicht: Die Rüebli haben neben den Radieschen kaum Platz, aber die Radieschen sind früher reif, und wenn sie geerntet sind, können die Rüebli aufholen. So sind die Beete nie leer, der Boden nie unbedeckt.

Ausserdem profitiert Bec Hellouin von den vielen TüftlerInnen in Frankreich, die diverse Handwerkzeuge enorm optimiert haben: Mit breiten, vielzinkigen Grabgabeln kann der Boden viel schneller bearbeitet werden, neue Handsämaschinen säen sechs Reihen auf einmal. Günstig sind auch das flache Gelände, das feucht-milde normannische Klima und grosse Mengen Pferdemist als Dünger. Nicht zuletzt beliefern die Hervé-Gruyers unter anderem edle Restaurants, und Spezialitäten wie Minigemüse und essbare Blüten erzielen hohe Preise. Der Hof, der im erfolgreichen Ökodokfilm «Demain» («Tomorrow») vorkam, hat viele QuereinsteigerInnen ermutigt.

Kein System, das sich selbst genügt

Doch so erfreulich die Resultate der Studie sind – sie haben auch zu Missverständnissen geführt. «Ich treffe immer wieder Leute, die wegen dieser Studie denken, sie könnten von einer kleinen Gemüseparzelle leben – und dann ziemlich auf die Welt kommen», sagt Rudi Berli, Gemüsebauer beim Vertragslandwirtschaftsprojekt Les Jardins de Cocagne in Genf. Dabei betonen die AutorInnen der Studie selbst, die untersuchte Fläche sei Teil eines grösseren Ganzen – vom Mist über das Mikroklima bis zu den Nützlingen, die von den Hecken und Tümpeln profitieren – und kein System, das sich selbst genüge.

Wie stark der Erfolg von lokalen Bedingungen abhängt, zeigt ein anderes Permakulturprojekt: La Bourdaisière im Loiretal, in der Nähe der Stadt Tours. Die Schweizer Biologin und Publizistin Florianne Koechlin hat es für ihr neues Buch besucht, das sie zusammen mit Denise Battaglia verfasst hat. Sein Gründer, Maxime de Rostolan, bildete sich auf Bec Hellouin weiter und hoffte auf ähnliche Erträge. Doch anspruchsvollere Böden und unberechenbares Wetter machten ihm einen Strich durch die Rechnung. De Rostolans Fazit: «Permakultur ist keine Zauberformel.»

Alternative zu immer grösseren Betrieben

Dazu kommt: Viele Permakulturprojekte, gerade in den Berggebieten, leben mit einem viel raueren Klima als Bec Hellouin und haben gar keine grossen Gemüseflächen. Alpine Permakultur setzt daher oft stärker auf Beerensträucher, Obstbäume, Kräuter und Tiere. So entstehen vielfältige, wunderschöne, artenreiche Landschaften – aber eine ökonomische Zauberformel sind auch sie definitiv nicht.

Studien über die ökonomischen Aspekte der Permakultur in der Schweiz gibt es noch nicht. Im Kanton Waadt habe letztes Jahr eine Studie über «microfermes» begonnen, die teils von Permakultur inspiriert seien, sagt Alice Dos Santos vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), das im kommenden Mai in Morges eine Permakulturtagung organisiert. So bleibt die Studie über Bec Hellouin bis auf Weiteres der Referenzpunkt, der – trotz aller Missverständnisse – zu Recht all jenen Mut macht, die eine Alternative zu immer grösseren Betrieben mit immer grösseren Maschinen suchen.

Florianne Koechlin, Denise Battaglia: «Was Erbsen hören und wofür Kühe um die Wette laufen». Lenos Verlag. Basel 2018. 262 Seiten. 32 Franken.