Erwachet!: Welch erfreuliche Woche!
Michelle Steinbeck übernimmt das Zepter
Tausende Menschen in Schweizer Städten an Klimademonstrationen. Hunderte GymilehrerInnen mit Sehnenscheidenentzündung davon, krampfhaft unentschuldigte Absenzen ins Klassenbuch zu schreiben. Und endlich die hart erkämpfte Billag-, also Serafe-Gebühr, die sich in Form eines lustigen SRF-Männer-«Clubs» eben doch noch auszahlt.
Die Mobilisierung von erstaunlicherweise noch nicht vollständig abgestumpften, zynischen und desillusionierten Massen für eine objektiv vernünftige Sache wie die Rettung des Planeten ist aber noch lange kein Grund für utopische Gefühle. Selbst rührungstränentreibende Stimmchenchöre, die hell singend «unseri Zuekunft» fordern, verwirren einem abgebrühten «BaZ»-Schreiber nicht den journalistischen Spürsinn. Glasklar behält er das Wesentliche im Blick: dass die schwänzenden Blagen nämlich keinen Deut besser sind – die benützen für ihre Demonstration in Basel einen Benzingenerator! Das politisch korrekte Solargerät musste wegen der vielen Wolken zu Hause bleiben, hähä.
Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass eine Kehrtwende in der schweizerischen Klimapolitik weder nötig (im Winter ist es immer noch kalt und grau) noch möglich ist (erneuerbare Energie ist etwas für Schönwetterkinder).
Karen Duve dürfte mit ihrem in der sehr nahen Zukunft spielenden Apokalypseroman «Macht» also recht behalten. Aber auch unrecht! Denn wie es aussieht, werden bis 2030 nicht die Frauen das Zepter von den Männern überreicht bekommen, um im Versuch, den ganzen Scheiss aufzuräumen, endgültig mal die Erbsünde zu bestätigen. Nein, die Interessensfronten verlaufen heute zwischen Weisheits- und Milchzahnigen.
Der Geschlechterkampf, das wissen die Männer aus dem «Club», sind gegessene Reste von gestern. Denn Frauen lernen heutzutage auch professionell kochen. Und das rechnet Fernsehkoch René Schudel dem Herrn im Himmel hoch an. Solange er zu Hause noch auf den Tisch hauen und im Winter mit einer Horde nackter Feuerwehrmänner eine Skihütte teilen darf, macht ihm die moderne Frau gar keine Angst.
Männerforscher Walter Hollstein hingegen zeigt sich zunehmend besorgt. In seinem hohen Alter hat er den feministischen Sieg schon lange erlebt und weiss: Das ist es überhaupt erst, was junge Männer gewalttätig macht. Dass ein aggressives Männerbild kritisiert wird, macht sie aggressiv!
Die Hirnwege der Herren sind unergründlich: So müssen wir uns nicht wundern, wenn die alte SVP in absehbarer Zeit eine Initiative zur Förderung des Zivilschutzes lancieren wird. In Zeiten des «ausufernden Feminismus» (Toni Bortoluzzi) braucht es Armeen starker Männer, die Sandsäcke tragen. Ist diese Naturkatastrophe erst mal gebannt, können wir zurück in Tonis idealen Naturzustand, wo Männer wieder alles dürfen, weil sie so einfach um «das Wiibli werben».
Vorbildlich, dass das SRF (die Säule der Demokratie!) einer so marginalisierten und derzeit bis aufs Blut gereizten («Hast du dich beim Rasieren geschnitten? Probiers mal mit Wilkinson!») Minderheit eine Plattform bietet. Lange haben sie geschwiegen, doch nun schallen ihre Stimmen durch die Wohnzimmer: «Jetzt bin ich draa!» Es wird an uns sein, ihnen zuzuhören und die Konsequenzen zu tragen.
Michelle Steinbeck ist eine verunsicherte junge Frau, seit sie nicht mehr weiss, wie sie mit Männern flirten kann, ohne ihnen «auf den Schwanz zu trampen». Wenigstens kennt sie nun die Adresse des (fürs Zitat) zuständigen Männerarztes.