Neues aus der Wissenschaft: Stressfrei mit dem Elwetritsch

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Machen Sie Yoga? Meditieren Sie? – Nicht? Sollten Sie aber! Sonst kriegen Sie den Alltagsstress nie in den Griff. Und das schadet Ihrer Gesundheit. So argumentiert das Forschungsteam «wearHEALTH» der Technischen Universität Kaiserslautern. Seine Mission: die Gesundheit präventiv verbessern – mit digitalen Techniken. Etwa mit der App «Stress-Mentor», die seit letzter Woche bei Google Play heruntergeladen werden kann. Sie bietet Atem-, Meditations- und Bewegungsübungen an und will, dass Sie Ihr Zeitmanagement sowie den «Umgang mit irrationalen Gedanken» verbessern.

Das alles basiert auf Neurofeedback, einer Methode zur Selbstkonditionierung und -kontrolle. Damit die Peitsche funktioniert, kommt ein Zückerchen hinzu: Gamifizierung. «Wir haben ein kleines, vogelähnliches Fabelwesen in unserer App, den rheinland-pfälzischen Elwetritsch. Der Nutzer muss sich um das Tier kümmern, indem er jeden Tag wenigstens eine Übung durchführt», so die Psychologin Corinna Faust-Christmann.

So niedlich das deutsche Tamagotchi daherkommt, die Ideologie dahinter ist glasklar: «Ob und wie wir Stress erleben, hängt davon ab, wie wir mit den täglichen Herausforderungen unseres Lebens umgehen», steht auf der Website von «wearHEALTH». Will heissen: Selber schuld, wenn Sie sich gestresst fühlen! Sie sind für Ihren eigenen Stress verantwortlich. Sie, und nicht etwa die Effizienzsteigerungsmaxime Ihrer Firma oder die Weigerung der Politik, für Rahmenbedingungen zu sorgen, mit denen Sie Beruf, Familie und Freizeit auch tatsächlich innerhalb eines Sechzehnstundentags leben können.

Sollten Sie das jetzt übertrieben finden, bedenken Sie: Die Methode des Neurofeedbacks treibt uns nicht nur zur ständigen Selbstoptimierung, sie lenkt so auch unsere Kritik gegen uns selbst statt gegen die herrschenden Strukturen. Und falls Sie «Stress-Mentor» trotzdem nutzen wollen: Konzentrieren Sie sich auf das «Genusstraining» – gönnen Sie sich ein extra Feierabendbier.

Immerhin soll die App keinerlei Gesundheitsdaten «nach aussen» übermitteln.