Myspace: Weg damit!

Nr. 12 –

Als Warnung, welche Informationen wir von uns ins Netz stellen und welche besser nicht, werden wir immer wieder daran erinnert: Das Internet vergisst nichts! Offenbar stimmt das nicht ganz, wie eine angebliche Serverpanne bei Myspace, dem einst wichtigsten sozialen Netzwerk für Musik, gerade eindrücklich zeigt. Myspace hat bestätigt, dass es sämtlichen Content – Songs, Fotos und Videos –, der vor 2016 hochgeladen wurde, für immer verloren hat. Der Umfang der Daten, die hier vernichtet wurden, ist gewaltig: fünfzig Millionen Songs von vierzehn Millionen KünstlerInnen. Darunter auch Musik von Lily Allen oder den Arctic Monkeys, die über Myspace gross geworden sind.

Das Internet ist längst zu einer eigenen Sphäre der Existenz geworden, zu einem scheinbar endlosen, immateriellen Raum mit einer eigenen Substanz: dem Digitalen. Dabei geht manchmal vergessen, dass der Cyberspace an eine materielle Basis gebunden ist: Server, die gewartet werden müssen und viel Strom verbrauchen, unzählige Tiefseekabel, die Kontinente miteinander vernetzen. Das Internet ist nicht einfach «dort draussen». Nur mit ständiger Aufwendung von Ressourcen kann sein Funktionieren gewährleistet werden.

Kann also einfach mal ein Fehler mit der Hardware passieren, und alles ist weg? Im Fall von Myspace gibt es nun Stimmen, die bezweifeln, dass der Datenverlust tatsächlich auf einen Unfall zurückgeht. Zum Beispiel der Internetexperte Andy Baio, der auf Twitter schrieb: «Offenkundige Inkompetenz mag schlechte PR sein, doch es klingt immer noch besser als ‹Wir haben null Bock mehr auf die Mühe und die Kosten, fünfzig Millionen alte MP3-Dateien zu migrieren und zu hosten›.»

Myspace ist längst in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Neben den Streamingplattformen ist vor allem die Website «Bandcamp», über die einige Subkulturen weiterhin einen florierenden Austausch pflegen, für die Ablösung von Myspace verantwortlich. Vielleicht war die Panne also einfach eine Strategie, die lästige Wartungsarbeit loszuwerden. Das gemeinnützige «Internet Archive», das Daten im Netz bewahrt und zur Verfügung stellt, schätzt, dass die Erhaltung von einem Gigabyte Daten längerfristig etwa zwei US-Dollar kostet.