Racial Profiling: Eine bagatellisierte Realität
Eine diese Woche erscheinende Studie der «kollaborativen Forschungsgruppe Racial Profiling in der Schweiz» beleuchtet erstmals wissenschaftlich diskriminierende Polizeikontrollen in der Schweiz. Sie dokumentiert, dass sich Racial Profiling in der Schweiz nachhaltig auf die betroffenen Personen auswirkt und tiefgreifende Folgen haben kann. «Die Berichte in der Studie zeugen von systematischer Diskriminierung und bestätigen die Existenz von Racial Profiling», sagt Claudia Wilopo, Mitverfasserin der Studie.
Insgesamt wurden dreissig Personen interviewt, die alle rassistischer Kriminalisierung ausgesetzt sind, aber unterschiedlichste Hintergründe haben und aus verschiedenen Gruppen und Communitys stammen. In den Interviews erzählen sie von immer wieder stattfindenden Durchsuchungen, Kontrollen und Herabwürdigungen aufgrund stereotypischer Merkmale wie Hautfarbe oder Kleidung, aber auch von der Notwendigkeit, sich gegen das Vorgehen der Polizei zu wehren.
Claudia Wilopo unterstreicht die in der Studie verankerte Aufforderung an Einzelpersonen, bei rassistischen Kontrollen nicht tatenlos zuzuschauen, sondern zu intervenieren. Drittpersonen sollen filmen, dokumentieren, direkt nachfragen oder auf andere Arten eingreifen, um die Situation möglichst sichtbar zu machen.
Auf Gesetzesebene gibt es hierzulande noch immer kein explizites Verbot von Racial Profiling. Dabei hat sich die Schweiz 2001 im Rahmen der dritten Weltkonferenz gegen Rassismus in Südafrika zum Ergreifen effektiver Massnahmen verpflichtet. Der Verband Schweizerischer Polizeibeamter sowie der Bundesrat haben derweil immer wieder argumentiert, dass die existierenden Massnahmen gegen Racial Profiling ausreichend seien. Die erwähnte Studie, aber auch das ebenfalls diese Woche im Transcript-Verlag erschienene Buch «Racial Profiling. Struktureller Rassismus und antirassistischer Widerstand» wirken solchen Bagatellisierungen entgegen.