Bankenblockade: Kohleförderung am Paradeplatz
Mit ihren Bankenblockaden in Zürich und Basel haben sich die KlimaaktivistInnen auf die Geldgeber der fossilen Wirtschaft fokussiert. Nun soll die Bewegung eingeschüchtert und kriminalisiert werden.
Treffpunkt ist morgens um sechs. Rund vierzig Leute trudeln am vergangenen Montag beim Zürcher Bahnhof Enge ein, zumeist mit schweren Rucksäcken beladen. Jemand führt eine lange schwarze Fahne mit. Dann geht es zur nahe gelegenen Parkanlage am Zürichsee. Dort ziehen sich die meisten einen weissen Schutzanzug über. So laufen sie im morgendlichen Verkehr Richtung Paradeplatz vor den Hauptsitz der Credit Suisse.
Hier am Haupteingang des repräsentativen Baus aus dem 19. Jahrhundert packen die AktivistInnen Ketten und schwere Schlösser aus und beginnen, sich gegenseitig aneinanderzuketten. Die herbeieilenden Sicherheitsangestellten der Bank versuchen noch zu verhindern, dass die Schlösser auch an das Eisentor angelegt werden. Es entspinnt sich ein kurzes Gerangel, wobei die AktivistInnen auf jede Gewaltanwendung verzichten. Schliesslich haben sie sich installiert, während UnterstützerInnen flugs noch ein Dutzend Töpfe mit Sträuchern und kleinen Bäumchen vor ihnen aufstellen.
Die Aktion ist gut vorbereitet: Gleichzeitig blockieren andere AktivistInnen mehrere weitere Eingänge um das ganze Gebäude herum. Zwei kleinere Gruppen von Leuten ketten sich mit mitgebrachten Fahrrädern vor zwei Türen auf der Rückseite des Hauptsitzes an, rund zwanzig Greenpeace-AktivistInnen gehen auf der Seite Richtung Bahnhofstrasse in Stellung. Fast zeitgleich kommt es auch in Basel zu einer ähnlichen Aktion, dort wird die UBS-Geschäftsstelle am Aeschenplatz blockiert.
Geldgeber der fossilen Industrie
Mit ihrer Aktion treffen die KlimaaktivistInnen eine zentrale Stelle. Die CS wie die UBS gehören zur Liga der 33 führenden Banken, die die klimaschädigenden Öl-, Gas- und Kohleunternehmen mit immer neuen Krediten versorgen. In einer aktuellen Studie haben internationale Umweltorganisationen ermittelt, dass seit dem Pariser Klimaabkommen von 2016 die UBS 25,8 Milliarden und die CS sogar 57,4 Milliarden beigesteuert hat. Kommt hinzu, dass die beiden Banken die fossilen Firmen auch darin beraten, wie sie überhaupt an neues Kapital gelangen. Die Hauptforderung der Aktion ist denn auch, dass UBS und CS aus dem fossilen Geschäft aussteigen.
Dass die AktivistInnen zumeist in weissen Schutzanzügen auftreten, ist mehr als nur symbolisch: Sie stellen damit bereits optisch den Bezug zu den AktivistInnen her, die Ende Juni das Kohlebergwerk Garzweiler in Deutschland blockiert haben (siehe WOZ Nr. 26/2019 ). Der Energiekonzern RWE wäre ohne die Hilfe der Banken – hier in besonderem Mass der UBS – nicht in der Lage, sein Kohlegeschäft zu betreiben.
Ab neun Uhr morgens wird auf dem Paradeplatz klar, dass die Polizei bald eingreift. Immer mehr Einsatzkräfte werden zusammengezogen, ein Polizeioffizier stellt den Blockierenden ein Ultimatum. An der Räumung nehmen rund 150 PolizistInnen zumeist in Kampfmontur teil, Teile des Paradeplatzes werden abgesperrt, der Tramverkehr unterbrochen. Über zwei Stunden zieht sich die Polizeiaktion hin. Alle rund sechzig Blockierenden wie auch zwei als SanitäterInnen gekennzeichnete Aktivistinnen, die sich nicht an der Blockadeaktion beteiligen, werden verhaftet. In Basel erfolgt die Räumung einige Stunden später, auch dort kommt es zu einer Massenfestnahme.
Staatsanwaltschaft setzt auf Krawall
Trotz der Verhaftungen ist die Aktion ein Erfolg. Die Zusammenarbeit zwischen der bestens strukturierten Greenpeace und eher lose organisierten Gruppen wie dem Collective Climate Justice sowie Leuten aus der SchülerInnenstreikbewegung hat gut geklappt. Vor Ort verfolgen Hunderte PassantInnen die Aktion und werden mit Flugblättern informiert. Viele Medien berichten schon im Verlauf des Tages und auch am Tag danach darüber und stellen den Bezug zum klimaschädigenden Geschäft der Banken her. Die betroffenen Banken schweigen.
Allerdings irritiert, dass die friedlichen BlockiererInnen anders als bei anderen Aktionen der Klimabewegung nicht schon nach wenigen Stunden wieder freigelassen werden. Offenbar will die Justiz die AktivistInnen einschüchtern. Schon während der Räumung in Zürich ist Edwin Lüscher vor Ort, Leiter der sogenannten Krawallgruppe der Staatsanwaltschaft. Diese ist für ihre harte Hand berüchtigt.
Das Vorgehen der Justiz führt zu neuen Protesten: In Basel bilden am Dienstag AktivistInnen vor einer CS-Filiale eine Menschenkette. Schon am Montagabend und dann auch den ganzen Dienstagnachmittag und -abend kommt es vor dem Polizeigefängnis bei der Zürcher Kaserne zu Solidaritätskundgebungen. «Klimaschützen ist kein Verbrechen», hallt es immer wieder durch den Hof. Am Mittwoch sind die meisten AktivistInnen in den beiden Städten freigelassen worden. In Zürich kommen zwei in Untersuchungshaft, da sie offenbar ihre Identität nicht preisgeben wollen. Viele haben bereits einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaften erhalten. Neben «Nötigung» wurden einige auch wegen Hausfriedensbruch» bestraft, in Basel kommen noch «Sachbeschädigung» und «Landfriedensbruch» dazu. Ob das einer Einsprache standhält, ist fraglich. Die meisten erhalten bedingte Geldstrafen. In Zürich werden die Freigelassenen auf dem Hof der Polizeikaserne von ihren UnterstützerInnen begeistert empfangen.