Gesichtserkennung: Wachsender Widerstand
Die automatisierte Gesichtserkennung gerät immer mehr unter Druck. Nachdem Kalifornien im Mai der behördlichen Massenüberwachung einen Riegel vorschob, plant die EU nun ebenfalls strengere Richtlinien für den Einsatz entsprechender Technologien. So soll deren Anwendung durch Unternehmen und Behörden nur in «eng umrissenen» Ausnahmen erlaubt sein, wie die «Financial Times» berichtet. Zusätzlich sollen EU-BürgerInnen in Zukunft erfahren, ob ihre Daten verwendet werden.
Bereits heute sind biometrische Daten in der Datenschutzgrundverordnung besonders geschützt. Sie dürfen nur mit Einwilligung der Betroffenen oder – was vor allem für die staatliche Überwachung interessant ist – «aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses» erhoben und bearbeitet werden. Dennoch gibt es in London oder Berlin Testbetriebe im öffentlichen Raum, wo Videoaufnahmen mittels Gesichtserkennung ausgewertet werden. Auch Interpol und Europol nutzen die Technologie in ihren Datenbanken. Ob sich das mit der geplanten Regulierung ändern wird, ist offen.
Der verschärfte Umgang geht wohl auf den Bericht eines ExpertInnengremiums zurück. Nachdem dieses im April schwammige ethische Richtlinien zu künstlicher Intelligenz vorgeschlagen hatte, formulierte es nun handfestere Empfehlungen für die Gesetzgebung. Vor allem wehrt sich das Gremium gegen eine «unverhältnismässige und massenhafte Überwachung von Individuen» – auch wenn es «eine starke Versuchung für Regierungen» gebe, mit allumfassenden Überwachungssystemen die Gesellschaft vermeintlich sicher zu machen.
In der Schweiz gibt es noch keine entsprechenden Regulierungsversuche. Auch der Entwurf des revidierten Datenschutzgesetzes, das Ende September im Parlament beraten wird, enthält keine speziellen Richtlinien für die Gesichtserkennung. Zwar werden biometrische Daten neu als «besonders schützenswert» definiert. Diese können von Behörden aber wie bisher erhoben und bearbeitet werden, sofern eine gesetzliche Grundlage besteht.