Vor den Landtagswahlen: «Für den rechten Flügel der AfD ist Ostdeutschland ein Sehnsuchtsort»

Nr. 35 –

Die AfD inszeniert sich als neue Bürgerrechtsbewegung und vergleicht die Bundesrepublik mit der DDR. Woher kommt das? Und wieso kommt es bei vielen gut an? Der Soziologe David Begrich versucht eine Erklärung.

Mit dem Slogan von 1989 knüpft die AfD an die Erinnerungen vieler Ostdeutscher an: Wahlplakat in Oranienburg. Foto: Jens Schlüter, Keystone

WOZ: Herr Begrich, wenn man derzeit durch Brandenburg fährt, stösst man ständig auf Parolen wie «Vollende die Wende», «Die Friedliche Revolution mit dem Stimmzettel» oder «Wir sind das Volk» – alles drei Wahlplakate der AfD. Was geht da vor sich?
David Begrich: Die AfD schliesst im Wahlkampf in Ostdeutschland rhetorisch an die historische Erfahrung der Wende und der Umbruchzeit in der DDR an. Das geschieht auf zwei Ebenen: Zum einen findet eine Parallelisierung der heutigen gesellschaftlichen Umstände mit der Agonie in der Endphase der DDR statt. Und zum anderen vermittelt die AfD den Eindruck, sie sei der legitime Verwalter des historischen Erbes der friedlichen Revolution. Das tut sie in vielfältigen Anspielungen, mit denen sie an das kulturelle Gedächtnis vor allem der mittleren Generation in Ostdeutschland anknüpfen will.

Dieser Trend lässt sich schon eine ganze Weile beobachten, zum Beispiel in Reden von Parteichef Alexander Gauland, der die Bundesregierung mit dem Politbüro gleichsetzt. Aber warum nimmt das gerade jetzt so zu? Braucht die AfD ein neues Identitätsthema, weil Migration nicht mehr zieht?
Das Thema liegt zeitgeschichtlich obenauf. Wir sind im 30. Jahr nach dem Umbruch in der DDR und gehen auf das Jubiläum im Herbst zu. Gleichzeitig finden in drei ostdeutschen Bundesländern Landtagswahlen statt. Da bietet es sich für die AfD an, dieses Thema besetzen zu wollen. Sie knüpft sehr geschickt an die Erinnerungsräume und Erfahrungen vieler Ostdeutscher an – und das zum Teil sehr subtil.

Die Wahlkampagne in Brandenburg kann man aber nicht gerade als subtil bezeichnen. Was meinen Sie?
Zum Beispiel das Video von AfD-Politiker Maximilian Krah aus Sachsen, der im Frühjahr zur Wahlbeobachtung aufrief und den Slogan der DDR-Opposition vom 7. Mai 1989, «Mit Filzstift und Lineal gehen wir zur Wahl», aufgriff. Der war damals sehr verbreitet. Danach gab es in der DDR am jeweils Siebten eines Monats Proteste, viele Ostdeutsche können sich daran noch erinnern. Das Video stellt eine Nähe zwischen den Wahlen in der Bundesrepublik und jenen in der DDR her. Das suggeriert, dass damals wie heute Wahlfälschung im Sinne der Herrschenden betrieben wird.

Wie passt da rein, dass die Identitäre Bewegung Hanns-Eisler-Lieder spielt oder Björn Höcke sich in seinem Buch auf den regimekritischen DDR-Schriftsteller Franz Fühmann bezieht?
Da muss man unterscheiden. Für die Identitäre Bewegung ist das vermutlich Provokation. Sie spielt ja nur die Lieder, die einen heroischen Marschmusikcharakter haben.

Und Höcke?
Immer wenn sich die AfD aus dem Arsenal der Rhetorik der DDR bedient, kann die Partei damit rechnen, dass es bei der mittleren Generation einen sofortigen Wiedererkennungseffekt gibt. Und der bewirkt, dass die Leute sich erinnern. Die AfD versucht, jene zu erreichen, die den Eindruck haben, dass sie in der politischen Kultur Deutschlands keine Repräsentanz erfahren. Und das ist tatsächlich ein Problem. Die vorherrschenden Deutungsmuster sind westdeutsche. Für die jüngere Generation ist das kein Problem, für die mittlere und ältere aber schon. Sie haben den Eindruck, sie kommen mit ihren Erinnerungen und Erfahrungen nicht vor.

Was heisst das konkret?
Egal ob es um Popmusik, um Fussball, Literatur oder um was auch immer geht: Die DDR fristet in der politischen Kultur das Dasein eines abgeschlossenen Sammelgebiets. Für die meisten Leute im Osten ist es aber Teil ihrer biografischen Erfahrung.

Nennen Sie mal ein Beispiel.
Es ist eine Frage der zeitgeschichtlichen Leitbilder der Wahrnehmung. Jeder kennt Fix und Foxi oder Donald Duck. Aber im Osten bestimmten die Abrafaxe die Welt der Comics. Die kennt im Westen niemand. Sie gehören auch nicht zum Kanon. Das gilt ebenso für Schauspieler, Schriftsteller, Fussballer und Schlagerstars. Es zeigt: Die kulturelle Erinnerung in Ost- und Westdeutschland agiert nicht auf Augenhöhe.

Eine Erzählung, die in AfD-Reden derzeit verstärkt auftaucht, ist die von der Unterhaltung am Küchentisch, bei der sich die Eltern überlegen, was sie sagen, damit sich die Kinder in der Schule nicht verplappern. Das ist natürlich auch so eine Parallelisierung, wie Sie es nennen. Glauben die Leute das wirklich?
Schwer zu sagen. Entscheidend ist, dass es immer und immer wieder wiederholt wird. Kürzlich zum Beispiel hiess es: Seht her, Angela Merkel zittert, so wie Erich Honecker im Juli 1989 plötzlich todkrank von der Bildfläche verschwunden ist. Dann muss man gar nicht mehr sagen: Die Bundesrepublik, wie sie jetzt ist, geht auf ihr Ende zu. Das soll sich dann jeder selber denken.

Die einflussreichsten Politiker der AfD im Osten – Gauland, Höcke und auch der Brandenburger Spitzenkandidat Andreas Kalbitz – kommen aus dem Westen. Das passt doch eigentlich nicht zusammen.
Offenkundig spielt das für den Diskursverlauf inzwischen nur noch eine untergeordnete Rolle. Für den rechten Flügel der AfD ist Ostdeutschland ein Sehnsuchtsort. Es ist in ihren Augen das deutschere Deutschland. Was auch wichtig ist: Es gibt in Westdeutschland die politische Unendlichkeitserzählung vom Erfolg des Grundgesetzes. Die Mehrheit der Bevölkerung in Ostdeutschland hat aber erlebt, dass Unendlichkeitserzählungen sehr schnell an ihr Ende kommen können. Das ist ja kein Phantasma der AfD. Die Leute haben erlebt, dass ein System, das sich für das letztgültige politische System auf der Welt hielt, innerhalb von Wochen kollabiert ist. Mit dieser Erfahrung hält man es vielleicht für nicht ausgeschlossen, dass das politische System erneut zusammenbrechen könnte. Und dann kommen Teile der AfD und verwandeln diese Erfahrung in einen politischen Wunsch.

Im Osten ist dieses Geraune vom Systemwechsel, das Teile der AfD betreiben, besonders ausgeprägt. Dazu passt, dass sie versuchen, den Begriff der «friedlichen Revolution» zu kapern.
Ja, aber immer wenn die Rede darauf kommt, wie sich die AfD die «Vollendung der Wende» vorstellt, wird es sehr nebulös. Es wird nicht klar, worauf das hinauslaufen soll, das wird bewusst offengehalten. Denn so kann man unterschiedliche Rezipienten ansprechen: Die einen können sich darunter den Sturz von Angela Merkel vorstellen, die anderen ein gerechtes Rentensystem, manche auch ein anderes politisches System. Das ist der Sinn des Ganzen.

Wie wichtig ist die materielle Ebene? Mit Blick auf Renten, Löhne, Vermögensverhältnisse gibt es ja immer noch eine deutliche Ungleichheit zwischen Ost und West.
Natürlich ist das wichtig. Die Menschen merken ja, dass die Unterschiede bei Löhnen und Vermögen erheblich sind. In der mittleren und älteren Generation – das sagen ja auch viele sozialwissenschaftliche Untersuchungen – fühlen sich viele als Deutsche zweiter Klasse und haben den Eindruck, dass die eigene Lebensleistung nicht auf Augenhöhe mit jener der Westdeutschen gewertet wird. Manche haben sich aber in gewisser Weise auch in dem Gefühl der Zurücksetzung eingerichtet und wandeln es in ein antiwestdeutsches Ressentiment à la «Die Wessis sind an allem schuld» um.

Die AfD setzt im Osten viel stärker als im Westen auf Sozialpolitik, völkische Sozialpolitik.
Die Einstellungsuntersuchungen im Osten zeigen stets hohe Zustimmungswerte für soziale Gleichheit und Sicherheit. Zugleich ist der Wunsch nach einer homogenen Gesellschaft im Osten milieuübergreifend verbreitet. Beide Elemente greift die ostdeutsche AfD auf.

Früher hat davon die Linkspartei oder, besser, die PDS profitiert.
Ja, im Osten ist die Bindung an eine Partei viel weniger ausgeprägt als im Westen. Parteien sollen dafür sorgen, dass etwas Bestimmtes durchgesetzt wird. Und wenn die gewählte Partei das nicht leistet, wählt man eine andere. Festgefügte Wählermilieus, auf die sich die Parteien verlassen konnten, gibt es im Osten kaum. Und: Die AfD profitiert im Osten von einem sehr heterogenen Nichtwählermilieu.

Sie haben jetzt vor allem von der mittleren Generation gesprochen. Aber schwindet das Bewusstsein, Ostler zu sein, überhaupt?
Das Bild ist uneinheitlich. Die FAZ hat gerade eine Umfrage veröffentlicht, nach der sich eine Mehrheit im Osten als «ostdeutsch» sieht. Das Mass der Identifikation mit dem Osten variiert mit den Generationen.

Schwindet das Bewusstsein wirklich – oder wird es in Teilen der jüngeren Generation nicht auch reproduziert?
Man kann sagen, dass die ostdeutsche Identität eine Erfindung der neunziger Jahre ist und mit der Realität in der DDR nichts oder nicht mehr viel zu tun hat. Sie kommt aus der Umbruchphase. Die Diskussion darüber, wie diese Phase in den neuen Bundesländern gelaufen ist, beginnt ganz zögerlich. Und auch dabei besteht die Gefahr, dass sie nach westdeutschen Regeln geführt wird. Was diese Phase bedeutet, machen sich viele Westdeutsche bis heute nicht klar.

Im Vergleich zu Ländern wie Polen oder Ungarn ging der Wendeprozess in der DDR sehr schnell. Ist das Teil der Erklärung?
Die Folgewirkungen des Umbruchs werden bis heute unterschätzt. Solange im Osten eine Wahrnehmung eint, man sei von den Westdeutschen über den Tisch gezogen worden, muss man sich nicht mit der Frage auseinandersetzen, was es hier in den neunziger Jahren auch an hausgemachten Fehlern gab.

Wie sieht es mit der innerostdeutschen Auseinandersetzung aus?
Da muss man zunächst fragen: Wo hätte die ihren Ort oder öffentliche Repräsentanz? In den grossen Medien dominieren westdeutsche Leitbilder. Solange sich das nicht ändert, gibt es im Osten den Impuls, sich zurückzuziehen und zu sagen: «Dort sind wir ohnehin nicht von Interesse.»

In der FAZ lief gerade eine kleine Debatte zu «Dreissig Jahre Wende». Da wird diskutiert, welche Rolle die DDR-Opposition bei der Demonstration in Leipzig während der friedlichen Revolution und danach wirklich gespielt hat. Was derzeit im Osten passiert, kommt nicht vor. Die beiden Diskutanten sind Ostdeutsche …
… aber sie diskutieren in einem westdeutschen Medium. Welche Reichweite hat diese Debatte? Natürlich ergibt es Sinn, die Frage nach den Akteuren der Wende und ihren Ideen zum Thema der Auseinandersetzung zu machen. Man kann ja beklagen, dass sich die AfD das Thema aneignet, wovon ich aber abraten würde. Die Erfahrung des Umbruchs in der DDR gehört ja niemandem allein, sie ist Teil einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Und diese Auseinandersetzung ist im Osten fällig. Es geht um die Frage, ob es eine eigenständige ostdeutsche Demokratietradition gibt und wie diese aussieht. Und darum, Konfliktfähigkeit zu lernen. Ich hoffe, dass diese Fragen im Herbst kontrovers diskutiert werden. Aber ich bin skeptisch, ob Festveranstaltungen und Reden das leisten werden. Es müsste eine Art Demokratiewerkstatt geben.

Wie kann man diese Diskussionen fördern?
Es müsste sicher eine andere Perspektive auf die damaligen Ereignisse und ihre Akteure geben. In der öffentlichen Wahrnehmung stehen die Bürgerrechtler und die Demonstranten im Fokus. Zu Recht. Aber dreissig Jahre danach könnte man die Perspektive umdrehen oder weiten: Zu dem friedlichen Verlauf der Revolution haben ja nicht nur jene beigetragen, die demonstriert haben, sondern auch die, die auf der anderen Seite standen: die Kampfgruppenkommandeure, die nicht haben schiessen lassen. Auch die sind Teil dieser Geschichte. Und darüber müsste es eine Debatte geben.

Kann die AfD auch deshalb so gut an 1989 anknüpfen, weil die Bewegung damals eine nationale Bewegung war? Es ging ja sehr schnell von «Wir sind das Volk» zu «Wir sind ein Volk».
Im Osten sehen sich AfD und Pegida in der Nachfolge von 1989 als alleinige Repräsentanten des «Volkes» gegen die «Altparteien». Diese Rhetorik für bare Münze zu nehmen, wäre falsch.

Was allerdings noch kein Gegenargument ist.
Dass im Zuge der Wiedervereinigung die Euphorie zum Teil nationalistisch umgeschlagen ist, ist ebenso wahr wie die darauf folgende Mobilisierung rassistischer Gewalt und rechter Jugendkultur. Wahr ist aber auch: Der gesamte Verlauf des Umbruchs in der DDR war als demokratischer Aufbruch vielgestaltiger und widersprüchlicher, als das heute wahrgenommen wird.

Wie erklären Sie sich, dass ein Teil der ostdeutschen Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler so weit nach rechts gerutscht sind?
Meinem Eindruck nach empfinden diese Menschen eine tiefe Kränkung, die sie in der – aus ihrer Sicht – bis heute mangelnden Anerkennung ihres persönlichen Lebenswegs in der DDR durch die bundesrepublikanische Gesellschaft erkennen. Einige haben einen anderen Resonanzraum gesucht und bei den Rechten gefunden. Dort stärken sie jenen den Rücken, die meinen, die Bundesrepublik sei eine DDR 2.0. Das ist absurd.

Würde es helfen, wenn der Osten nicht permanent als Krisenregion, sondern stärker als Erfolgsgeschichte beschrieben würde, die er ja auch ist?
Die Menschen sollten im Mittelpunkt stehen und nicht Klischees, die von einem Landstrich im Umlauf sind. Wenn ich lese: «Bautzen ist bekannt für die Neonaziszene», trifft das zwar auch zu. Aber würde über Dortmund so geschrieben, wo die Neonaziszene ebenfalls stark ist? Bautzen ist auch bekannt für Senf.

Es gibt diese Ostdeutschlandbilder, die in Klischees gefangen sind: Plattenbauten, Arbeitslose, Neonazis. Es gibt nach wie vor diesen exotischen Blick auf Ostdeutschland. Der reproduziert diese Bilder, auch wenn es gar nicht gewollt ist. Ostdeutschland hat in den westdeutschen Medien wegen der anstehenden Landtagswahlen gerade Konjunktur. Aber viele Berichte lesen sich wie aus einem sehr fernen Land.

Der Sozialwissenschaftler und Theologe David Begrich (47) arbeitet bei der Arbeitsstelle Rechtsextremismus des Vereins Miteinander e. V. in Magdeburg, der sich für Demokratieförderung einsetzt. Er gilt als wichtiger ostdeutscher Autor und Intellektueller. Viel zitiert wurde sein Brief an seine «westdeutschen Freund/innen» nach den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz im August 2018, in dem Begrich dazu aufrief, das Bild über Ostdeutschland zu revidieren. Das vorliegende Interview ist zuerst in der «taz» erschienen.

Die Ausgangslage : Dreierbündnisse oder gar Neuwahlen

Am Sonntag wird in zwei ostdeutschen Bundesländern gewählt, doch es geht um weit mehr als die Neubesetzung der Landtage: In Brandenburg und Sachsen könnte die radikal rechte AfD erstmals stärkste Kraft werden. Für beide bisherigen Regierungen wird es deshalb nach den aktuellen Umfragen nicht mehr reichen. Es wird mindestens Dreierbündnisse geben müssen – wenn sich beide Ministerpräsidenten an ihr Versprechen halten, nicht mit der AfD gemeinsame Sache zu machen.

Besonders prekär ist die Lage in Sachsen, dem letzten Stammland der CDU. Seit der Wende hat hier keine andere Partei den Ministerpräsidenten gestellt, lange regierte Westimport Kurt Biedenkopf mit absoluter Mehrheit. Er hat den Sachsen bescheinigt, immun gegen Rechtsextremismus zu sein – und nichts gegen diesen getan. Zuletzt regierte die CDU in einer Koalition mit der SPD.

In den vergangenen Jahren hat die CDU massiv an Stimmen verloren, auch wegen des Streits um die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich von der Kanzlerin abgegrenzt, der ohnehin stramm rechten sächsischen CDU aber keinen populistischen Schwenk verpasst, um Stimmen von der AfD zurückzuholen. Kretschmer, der unentwegt durchs Land reist und das Gespräch mit den WählerInnen sucht, hat nicht nur ein Bündnis mit der AfD und auch mit der Linkspartei ausgeschlossen; zuletzt versprach er auch, es werde keine Minderheitsregierung geben. Da bleibt nicht viel.

Wahrscheinlich läuft es auf eine Koalition mit SPD und Grünen hinaus – doch ob es dafür reicht, ist ebenfalls nicht sicher. Die SPD nähert sich in Umfragen mitunter der Fünfprozenthürde an, die Grünen sind in der sächsischen CDU alles andere als beliebt. Der Ausstieg aus der Kohle, der Umgang mit dem Wolf, das neue Polizeigesetz: Die Positionen der beiden Parteien stehen sich bislang unvereinbar gegenüber. Hinzu kommt, dass die sogenannte Werteunion – ein kleiner, aber lautstarker Kreis am rechten Rand der CDU, der die Grünen verabscheut und eine Koalition mit der AfD nicht grundsätzlich ablehnt – in Sachsen unter anderem mit dem geschassten Exverfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maassen die Werbetrommel rührt.

Kommt es ganz dicke, könnte Kretschmer stürzen und – was allerdings als unwahrscheinlich gilt – die Sachsen-CDU doch eine Liaison mit der AfD wagen. Das käme einem Dammbruch gleich: Dann würde der Stuhl von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wackeln, aus ihrer Kanzlerkandidatur würde nichts, und auch für Merkels Erbe sähe es düster aus.

Etwas übersichtlicher scheint es in Brandenburg zu sein, wo seit der Wende die SPD regiert – derzeit Ministerpräsident Dietmar Woidke in einer rot-roten Koalition mit der Linkspartei. Doch auch hier könnte die AfD stärkste Kraft werden, auch hier wird es mit der Regierungsbildung eng. Nach letzten Umfragen scheint es zwar für Rot-Rot-Grün zu reichen. Sollte allerdings die SPD auch in Brandenburg schlecht abschneiden, werden in der Partei die Stimmen derer noch lauter werden, die fordern, aus der Grossen Koalition auszusteigen. Die mögliche Folge: Neuwahlen.

Sabine am Orde