Politfinanzierung: Eine transparente Wahlhilfe

Nr. 40 –

Das grösste Problem an der Politfinanzierung ist das mangelnde Problembewusstsein. So lässt sich die Debatte in der Schweiz seit Jahren zusammenfassen. Zwar reichten SP und Grüne regelmässig Vorstösse für mehr Transparenz ein. Doch prallten sie stets auf eine Mauer. In diesem Land, das lange und gut von seinem Steuerhinterziehungsgeheimnis gelebt hat, spricht man nicht offen übers Geld.

Es gehört deshalb zu den erfreulichen Entwicklungen in diesem Wahlkampf, dass die Politfinanzierung zum Thema wird. Erst veröffentlichte SP-Nationalrat Cédric Wermuth eine Studie, laut der Banken, Versicherungen und Krankenkassen den ParlamentarierInnen jährlich Mandate von 6,5 Millionen Franken zuschanzen. Dann musste die Operation Libero zugeben, dass ein Grossspender ihre Kampagne mit 400 000 Franken finanziert, dessen Namen sie weiterhin geheim hält. Als Letzter im Umzug warf SVP-Vertreter Roger Köppel seinen Konkurrenten Postenjagd vor. Er selbst konnte sich dafür ganzseitige Inserate in «Tages-Anzeiger» und «20 Minuten» leisten, die gemäss Werbetarifen zusammen 50 000 Franken kosten. Wer das bloss wieder bezahlt hat?

Die Forderung nach Transparenz mag damit zu tun haben, dass sie im digitalen Zeitalter immer mehr Gesellschaftsbereiche durchdringt. Doch es gibt auch einen strukturellen Faktor, der in der überhöhten direkten Demokratie nicht gerne angesprochen wird. Das Milizparlament ist gegen den zunehmenden Lobbyismus schlecht geschützt, die Auswüchse werden immer offensichtlicher. Gewiss, im Kern der Politik geht es um die Vertretung von Interessen und ihre Durchsetzung. Allerdings um die der WählerInnen und nicht um die von Firmen. Im Idealfall müssen die Stimmberechtigten die Absichten von PolitikerInnen nachvollziehen können. Intransparenz macht das schwierig. Dabei liegen die Lösungen, die den Einfluss des Geldes beschränken, längst auf dem Tisch.

Bei der Finanzierung von Parteien und Abstimmungskampagnen setzt die Transparenzinitiative an. Sie fordert, dass Spenden an politische Organisationen über 10 000 Franken namentlich veröffentlicht werden müssen. Ein richtiges Chancenland für alle, wie es unsere Liberalen so gerne beschwören, wäre die Schweiz aber erst, wenn die Ausgaben gedeckelt würden, Parteien beispielsweise maximal eine Million in eine Wahl stecken könnten. Noch weiter gehen würde eine staatliche Parteienfinanzierung. Die Demokratie müsste damit nicht mehr länger von den Parteimitgliedern, sondern von der Allgemeinheit finanziert werden. Die Angst, dass eine Professionalisierung der Politik eine Distanz zu den Stimmberechtigten mit sich bringen würde, ist unbegründet. Eine solide Finanzierung würde dort Distanz schaffen, wo sie dringend nötig ist: Sie schützte die Politik vor Käuflichkeit und stärkte sie gegenüber der Verwaltung.

Womit wir beim Lobbyismus sind. Dass ein Parlamentsmitglied seine Nebenmandate und deren Entschädigung offenlegen müsste, wäre das Mindeste. So könnten die Stimmberechtigten selbst entscheiden, welche Interessenvertretung ihnen lieber ist: jene der Gewerkschafterin für bessere Löhne oder jene des Pharmavertreters für höhere Dividenden. Noch besser wäre aber auch hier eine Beschränkung, wie sie SP-Nationalrätin Mattea Meyer in einem Vorstoss fordert: Die Einkünfte aus Nebenmandaten sollen nicht mehr als die heutige Parlamentsentschädigung betragen.

Am 20. Oktober geht es nicht nur ums Klima, sondern auch um Transparenz. Als kleine Wahlhilfe hat die WOZ die Parteien angefragt, ob sie über ein Spendenreglement verfügen: Die SVP hat keines, sie nimmt sogar anonyme Spenden an. FDP und CVP haben keines, bei der FDP darf eine Spende nicht mehr als ein Fünfzehntel des Jahresbudgets ausmachen. Die GLP kennt eine ähnliche Einschränkung. Die BDP unterstützt die Transparenzinitiative. Nur Grüne und SP legen die Spenden offen: Die Grünen tun es bei natürlichen Personen ab 20 000 Franken, bei juristischen ab 10 000; die SP deklariert neu alle SpenderInnen ab 10 000 Franken.