Operation Libero: Drei Grüne springen ab

Nr. 39 –

Wie die Operation Libero in ein Transparenzfiasko geriet – und ihr jetzt Kandidatinnen davonlaufen.

«Ich habe mich entschieden, bei der ‹Wandelwahl›-Kampagne der Operation Libero (OL) auszusteigen», sagt Delphine Klopfenstein Broggini am Dienstagnachmittag. Der Entscheid der grünen Genfer Nationalratskandidatin fiel «aus ethischen Gründen, aus einem Mangel an finanzieller Transparenz». Kurz darauf melden sich zwei weitere grüne Politikerinnen, um ihren Ausstieg aus der Wahlkampagne bekannt zu geben: die Waadtländerin Sophie Michaud Gigon und die Berner Nationalrätin Aline Trede.

Eine einzige Grossspende

Ironischerweise steht ausgerechnet eine Art Transparenzoffensive der OL am Ursprung dieser Absprünge. Mit ihrer «Wandelwahl»-Kampagne wirbt die «Bewegung» im Hinblick auf die nationalen Wahlen für derzeit noch 38 KandidatInnen verschiedenster Parteien – von der FDP bis zu den Grünen. Nachdem die WOZ publik gemacht hatte, dass die OL für die «Wandelwahl» einen Finanzrahmen von 1,5 Millionen Franken anstrebt, sah sich die «Bewegung» letzte Woche gezwungen, Zahlen zu deren Finanzierung zu veröffentlichen: Einnahmen von knapp 530 000 Franken stehen Ausgaben von 311 000 gegenüber. «Endlich können wir diese Ränkespiele um unsere Finanzen beenden», bilanzierte OL-Sprecher Silvan Gisler im «Blick».

Er sollte sich täuschen. Die OL informierte zwar vorbildlich über die Höhe der Spenden und jeweiligen Ausgaben. Doch letztlich stach eine Einzelspende von 400 000 Franken heraus. Die OL weigerte sich jedoch, den Namen der «sympathisierenden Privatperson aus der Schweiz» bekannt zu geben, die rund 75 Prozent aller Einnahmen beisteuert. «Dies ist unser Zugang zu Transparenz und Privatsphäre, beides in Abwägung miteinander», rechtfertigt Gisler das Vorgehen, das im Einklang mit den eigenen Transparenzrichtlinien stehe. Angesichts der massiven finanziellen Abhängigkeit von einer einzigen Grossspende «macht sich die Operation Libero unglaubwürdig, wenn der Geldgeber anonym bleibt», findet hingegen Otto Hostettler vom Verein Lobbywatch.ch.

SPlerInnen bleiben

Pikant ist, dass bei der «Wandelwahl»-Kampagne über ein Dutzend WahlkandidatInnen von SP, Grünen und BDP mitmachen – jenen Parteien, die hinter der vor zwei Jahren eingereichten Transparenzinitiative stehen. Diese will die Parteien dazu verpflichten, die Herkunft aller Spenden von über 10 000 Franken offenzulegen.

Die WOZ hat alle SP-, Grünen- und BDP-«Wandelwahl»-KandidatInnen angefragt, ob das Vorgehen der OL mit ihren Transparenzprinzipien vereinbar sei. Fünf der SP- und die vier BDP-PolitikerInnen beteuern, dass das Vorgehen der OL zwar nicht ihrem Transparenzverständnis entspreche und sie die Offenlegung des Spenders begrüssen würden, aber die aktuelle gesetzliche Regelung nun mal leider noch keine solche Offenlegung verlange. SP-Kandidat Davide Loss war nicht zu erreichen, und einzig der Genfer Sozialdemokrat Romain de Sainte Marie hat noch nicht endgültig entschieden, ob er OL-Kandidat bleibt.

Bei den Grünen hingegen ziehen sich drei von sechs «Wandelwahl»-KandidatInnen von der Kampagne zurück, und die Basler Nationalrätin Sibel Arslan verlangt zumindest die Offenlegung. Dass gerade die Grünen das Thema Transparenz so ernst nehmen, ist kein Zufall. Die Partei ist Vorreiterin in Sachen Transparenz, sie weist jetzt schon alle natürlichen SpenderInnen ab 20 000 Franken aus. Die SP wird nachziehen und künftig Spenden ab 10 000 Franken auch von Privatpersonen offenlegen.

Die OL sei «die transparenteste politische Organisation der Schweiz», twitterte OL-Vorstandsmitglied Stefan Schlegel am Wochenende. Das stimmt zwar nicht, aber sie ist um Welten transparenter als die SVP, FDP und die CVP. Ohne verbindliche Regelung bleibt die Politikfinanzierung ein Transparenzfiasko. Die OL selbst stieg übrigens 2016 aus der Transparenzinitiative aus, nachdem sie bei deren Vorbereitung noch dabei gewesen war.