Kinderrente: Eine Kehrtwende muss her
Im Frühling beschloss der Nationalrat, die Kinderrenten zu kürzen. Betroffen wären Eltern mit einer IV- oder AHV-Rente. Ausserdem benannte der Nationalrat die Kinderrenten in «Zulage für Eltern» um. Die Absicht der semantischen Korrektur ist offensichtlich: Der Begriff der Kinderrente weckt Verständnis, Emotionen – und somit breiten Widerstand gegen mögliche Kürzungen. So lassen sich diese weniger gut durchsetzen, sofern es zu einem Referendum käme. Der Ständerat hingegen lehnte diese Kürzungen einstimmig ab.
Nächste Woche kommt es im Parlament zur Differenzbereinigung des Geschäfts. Und die Chancen stehen gut, dass der Nationalrat seinen Entscheid korrigiert und den Angriff der Rechten abwehrt. Es ist die Nagelprobe dafür, wie die neuen Mehrheitsverhältnisse nach dem Wahlherbst eben nicht nur bei Klimageschäften, sondern auch in sozialen Fragen spielen.
Es wäre nicht der erste abgewehrte Angriff auf die Kinderrente. Bereits 2012 scheiterte im Rahmen der sechsten IV-Revision ein entsprechender Versuch von FDP und SVP. In der Gesamtbetrachtung ist ihre Sparpolitik ohnehin gescheitert: Sowohl bei der IV- wie auch bei der ALV-Revision im Jahr 2011 wurden die Kosten bloss abgewälzt – nämlich auf die Sozialhilfe und die Ergänzungsleistungen. Ein Ziel haben sie damit allerdings erreicht, und zwar den Druck auf benachteiligte Menschen zu erhöhen. Weniger Menschen, die es nötig hätten, erhalten eine Rente zugesprochen – und Arbeitslose werden rascher ausgesteuert und landen in der Sozialhilfe. Sparen bei den Schwächsten, den Kindern, ist dabei besonders stossend. Hier muss eine politische Kehrtwendung her.
Die Caritas hat eben Alarm geschlagen. In der Schweiz sind etwa 100 000 Kinder direkt von Armut betroffen. Weitere 100 000 wachsen in ärmlichen Verhältnissen auf. Daher fordert die Caritas nun Ergänzungsleistungen für diese armutsbetroffenen Familien, damit sie nicht in die Sozialhilfe abgleiten. In ein System, das ohnehin in dieser rigiden Form ersetzt gehört.