Neues aus der Wissenschaft: Weg vom Sockel mit dem Gockel

Nr. 3 –

Wer ein auch nur einigermassen ausgebildetes geschlechtersensorisches Gespür besitzt, weiss: Dass der Prahlhans nicht etwa Heidi heisst, sondern eben Hans, kommt nicht von ungefähr – und er treibt auch im 21. Jahrhundert weiterhin sein Unwesen. Nicht zuletzt in Forschung und Wissenschaft. Dass Frauen weniger verdienen, weniger Forschungsstipendien erhalten, weniger in Fachpublikationen zitiert werden und es seltener als Männer bis zur professoralen Spitze der akademischen Karriereleiter schaffen? Sattsam bekannt. Auch die im Wissenschaftsbetrieb omnipräsente, spezifisch männliche «Schlüsselkompetenz» des «Prahlhanstums» lässt sich zunehmend quantitativ nachweisen. Seit neustem sogar – eine Premiere! – auf der sprachlichen Ebene.

In einer gross angelegten Studie untersuchte ein internationales Forschungsteam der Universitäten Mannheim und Yale sowie der Harvard Medical School über sechs Millionen Fachpublikationen aus dem medizinischen und biowissenschaftlichen Bereich. Den Fokus richtete das Team dabei auf geschlechtsspezifische Unterschiede in den Formulierungen, die gewählt wurden, um die Projekte und ihre Resultate in Titeln und Zusammenfassungen zu vermitteln. Erste Erkenntnis: War der Hauptautor ein Mann, häuften sich Begriffe wie «ausgezeichnet», «neuartig» und «einzigartig». Männer wählten mit einer um bis zu 21 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit also Wörter, die ihren Forschungsergebnissen eine herausragende Bedeutung verleihen sollten. Erkenntnis Nummer zwei: Sie taten dies umso ausgeprägter, je bedeutender die Fachzeitschrift respektive deren sogenannter Impact Factor war, der die Zitierhäufigkeit widerspiegelt.

Damit die geschlechtsspezifische Aussagekraft auch wirklich gegeben ist, verglich das Forschungsteam jeweils nur thematisch ähnliche Fachartikel aus derselben Zeitschrift und demselben Jahr miteinander. Und so kam drittens heraus, was herauskommen musste (ein Phänomen, das auch als selbsterfüllende Prophezeiung bekannt ist): Je übersteigerter die Formulierung, desto grösser die Aufmerksamkeit beim Publikum. Ein Effekt, der sich umso deutlicher zeigte, je höher der Impact Factor der Fachzeitschrift war.

Was aber tun gegen diese «sprachliche Benachteiligung», wie das Forschungsteam es nennt? Wir hätten da einen Vorschlag, um die Prahlhänse zu neutralisieren: Unabhängig vom Geschlecht des Hauptautors schreiben nur noch männliche Projektbeteiligte Titel und Zusammenfassungen.

Die Medienstelle der Uni Mannheim hingegen findet: «Frauen stufen ihre Forschungsergebnisse zurückhaltender ein.» Selber schuld oder was?