«Arada»: Anatolien statt Aarau

wobei 1/

«Arada» bedeutet auf Türkisch «dazwischen», der Filmtitel könnte aber auch «weder hier noch dort» heissen. Der Basler Jonas Schaffter begleitet in seinem Dokumentarfilm drei Männer, die aus der Schweiz in die Türkei ausgeschafft wurden, in ihre vermeintliche Heimat. Alle drei sind in der Deutschschweiz aufgewachsen, wurden hier sozialisiert, die Türkei kannten sie lediglich aus den Familienferien. Doch nachdem sie in der Schweiz eine Haftstrafe abgesessen hatten, mussten sie gehen, womöglich für immer.

Schaffter führt uns direkt in ihren Alltag, erst nach und nach erfahren wir von ihrem früheren Leben in Basel, Aarau, Solothurn – und von den Straftaten, die zu ihrer Ausweisung führten. Sogar ihre Namen erfahren wir erst nach einiger Zeit so nebenbei, als ob Schaffter sie uns bewusst vorenthalten wollte. Gekonnt hält er aber Ausschau nach den Details, die ihr Leben «dazwischen» ausmachen.

Zwei der drei arbeiten für Callcenter in Istanbul und freuen sich über jedes Gespräch, das sie auf Schweizer Mundart führen können. Ihre kargen Wohnungen schmücken sie mit Souvenirs, die ihr Heimweh nach der Schweiz zum Ausdruck bringen, etwa ein FCB-Schal oder ein Bild der Aare. Der Dritte lebt in einem anatolischen Dorf, inmitten von Neubauten im helvetischen Mittelland-Stil, errichtet von ausgewanderten Familien für ihre Ferienaufenthalte. Zwei der drei Männer mussten ein Kind in der Schweiz zurücklassen.

Immer wieder zeigt der Film Bilder von leuchtender Schönheit wie die Skyline von Istanbul oder die schneebedeckten anatolischen Berge. Doch diese touristisch anmutenden Ansichten untermalen bloss die Einsamkeit in den Stimmen der drei. Und ihre Reue. Im Film treffen sie sich nie, doch alle drei sagen irgendwann das Gleiche: dass sie zu spät gelernt haben, ihr Leben in der Schweiz zu schätzen. Schaffter zeigt aber, dass mehr dabei ist als blosse Nostalgie, indem er auch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die zunehmende nationalistische Stimmung in der Türkei thematisiert. Dass die Männer eine Strafe verdient haben, wird von niemandem infrage gestellt – dafür aber ihr Ausmass.

In: Solothurn, Landhaus, Sa, 25. Januar 2020, 15 Uhr, und Reithalle, Mo, 27. Januar 2020, 9.30 Uhr.

Arada. Regie: Jonas Schaffter. Schweiz 2020