Die neue Mittefraktion: Erste Chance vertan

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Hotel Hermitage über dem Vierwaldstättersee in Luzern. Hier hielt die Mittefraktion, die sich nach den Wahlen konstituiert hat, letzten Samstag eine Pressekonferenz ab. Da sass dann also die neu gewählte Fraktionspräsidentin Andrea Gmür (CVP) und sprach über die Positionierung dieser neuen Mitte aus CVP, BDP und EVP: als pragmatische Kraft. Orientiert an Lösungen. Fortschrittlich.

Wie dies genau aussehen soll, exerzierte CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister an einem der wichtigsten Geschäfte der kommenden Parlamentsmonate durch: der Revision der beruflichen Vorsorge (BVG). SP-Sozialminister Alain Berset hat diese kürzlich in die Vernehmlassung geschickt; er orientierte sich dabei an einem Kompromiss, den die Sozialpartner im Sommer ausgehandelt hatten. Die Revision sieht zwar vor, dass der BVG-Umwandlungssatz von 6,8 auf 6 Prozent gesenkt wird. Aber diesen Rentenverlust von 12 Prozent wollen Bundesrat sowie Gewerkschaften und der Arbeitgeberverband mit einem erstaunlich sozialen Ansatz auffangen: Nicht nur soll der Koordinationsabzug halbiert werden, womit ein grösserer Teil des Lohns versichert wäre, was insbesondere Teilzeitbeschäftigten und Wenigverdienenden zugutekommt. Der Vorschlag sieht auch die Schaffung eines sogenannten BVG-Sicherheitsfonds vor, in den alle BeitragszahlerInnen monatlich zusätzlich 0,5 Prozent ihres Lohns abliefern sollen – die dann gleichmässig an die Pensionierten verteilt würden. Das wäre eine Umverteilung auch von oben nach unten.

Die Wirtschaftsverbände liefen deshalb sofort gegen den Kompromiss Sturm. Von der CVP hingegen erwartete man Unterstützung. Pfister jedoch sprach im «Hermitage» davon, dass kein Kompromiss ohne die Wirtschaft zu machen sei. Dass es keinen Ausbau geben dürfe, möglichst wenig Umverteilung. Entsagt die Mitte dem Kompromiss, der wohl noch vor dem Sommer ins Parlament kommt, hat er wenig Chancen. Und die Mittefraktion hätte eine erste Chance vertan, zu beweisen, was sie ständig behauptet: dass dieses Land sie brauche, um endlich wieder vorwärtszukommen.