Kino-Film «Die Känguru-Chroniken»: Ein Känguru rettet Kreuzberg
Alles beginnt damit, dass ein kommunistisches Känguru Pfannkuchen backen möchte und deshalb bei einem abgehalfterten Berliner Kleinkünstler (Dimitrij Schad) einzieht. Um ihren Kiez zu retten, kämpfen die beiden gegen einen rechtspopulistischen Immobilienhai (Henry Hübchen), der in Kreuzberg ein gigantisches Bauprojekt plant. Dabei stossen Beuteltier und Kleinkünstler immer wieder mit einer Bande arbeitsloser Neonazis zusammen. Es kommt zu Verfolgungsjagden und ein paar harten Haken à la Bud Spencer.
Mit den «Känguru-Chroniken» schaffte es Marc-Uwe Kling von deutschen Slambühnen auf die Bestsellerlisten und in die Feuilletons. Die Dialoge zwischen seinem Alter Ego und dessen pelzigem Mitbewohner brachten linke Gesellschaftskritik in Studentenbuden und Firmenwagen, mit Schlenkern von Kurt Cobain bis Immanuel Kant. Auch die Verfilmung von Dani Levy steckt voller popkultureller Referenzen. Parallelen zu wirklichen Personen oder Parteien wie der AfD sind gänzlich beabsichtigt. Der Film verzichtet jedoch auf eine episodische Aneinanderreihung von Pointen aus dem Buch und kommt stattdessen als rasanter Actionfilm daher. Auch wenn absehbar ist, wie hier Gut gegen Böse antritt: Die «Känguru-Chroniken» leisten sich eine klare politische Haltung, wie man das von deutschen Mainstreamkomödien nicht gewohnt ist. Mit Rechten reden? Das Känguru haut lieber drauf. So lautet die dritte Regel in seinem geheimen Boxklub: «Wenn du einen Nazi siehst, box ihn!»
In ihrem unermüdlichen Kampf gegen Rechtsruck und Gentrifizierung unterhält die ungewöhnliche WG jedenfalls auch im Kino mit scharfzüngigen Wortgefechten. Die Computeranimation des Kängurus hat eine Qualität, wie man sie im deutschsprachigen Kino selten sieht, und die satirischen Überzeichnungen entschleiern zielsicher die Wirklichkeit. Wenn man also der Ansicht des Kängurus folgen will, wonach die einzig relevante Einteilung der Postmoderne «witzig oder nicht witzig» laute, bleibt zu sagen: witzig!
Die Känguru-Chroniken. Regie: Dani Levy. Deutschland 2020