Kommentar zum Milliarden-Hilfspaket: Der Zwanzig-Milliarden-Schwindel

Nr. 13 –

Der Bund will den von der Coronakrise betroffenen Firmen helfen. Gut so – doch wieso sollen die Banken davon am meisten profitieren?

Diesen Mittwoch dürfte sich für den Credit-Suisse-CEO Thomas Gottstein ein besonderes Glücksgefühl eingestellt haben. Der Bundesrat hat neben anderen Unterstützungsmassnahmen im Zusammenhang mit der Coronapandemie auch ein Zwanzig-Milliarden-Hilfspaket für Unternehmen beschlossen, die in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Das Geld soll über die Schweizer Banken in Form von Krediten verteilt werden. Der Bund übernimmt dafür entweder die volle Haftung (bis 500 000 Franken) oder bürgt mit 85 Prozent (bis 20 Millionen). Die Banken bestimmen, wer wie viel Kredit bekommt – und der Staat trägt das Risiko.

Die Idee zu dieser Public-Private-Partnership hatte Gottstein vor ungefähr zwei Wochen, wie die «Handelszeitung» berichtete. Er setzte sich daraufhin mit KollegInnen von UBS, Raiffeisen sowie den Zürcher und Waadtländer Kantonalbanken zusammen, um das Vorhaben zu konkretisieren. An Bord geholt wurde auch Jörg Gasser. Der Direktor der Bankiervereinigung verfügt als ehemaliger Staatssekretär im Finanzdepartement über beste Kontakte zu Finanzminister Ueli Maurer.

Die Banker stiessen bei Maurer auf ein offenes Ohr. Vergangenes Wochenende arbeitete das Finanzdepartement in Zusammenarbeit mit der Bankiervereinigung, der Finanzmarktaufsicht und der Nationalbank eine bundesrätliche Verordnung dazu aus. Am Montag nickte die sechsköpfige Finanzdelegation (FinDel) des Schweizer Parlaments sie ab – ohne die definitive Version zu kennen, die der Bundesrat dann am Mittwoch verabschiedete.

Innerhalb weniger Tage also wurde ein Rettungspaket der Regierung von noch nie da gewesener Grösse geschnürt. Der Bundesrat regiert per Notrecht, ohne parlamentarische Prozeduren. Statt dass PolitikerInnen aller Fraktionen in Kommissionen streiten, Änderungen vornehmen und Kompromisse schliessen, waren es diesmal BeamtInnen, die zusammen mit der Bankiervereinigung die Ausgestaltung vornahmen. Die FinDel konnte «Präzisierungen und Hinweise mit auf den Weg geben», wie es ihr Präsident Peter Hegglin ausdrückt.

Für die Banken ist es eine Win-win-Situation. Denn auch sie sind von der Coronakrise stark betroffen. Der Aktienkurs der Credit Suisse etwa ist so tief wie noch nie. Die Banken müssen befürchten, dass viele Firmenkredite nicht mehr zurückbezahlt werden können. Es drohen Milliardenverluste. Wie gut, dass nun als Teil des Pakets Bankenregulierungen gelockert und die Banken vom Staat abgesichert werden, ihren SchuldnerInnen neues Kapital zu verteilen. Zwar heisst es vonseiten der FinDel, mit den Geldern dürften keine alten Schulden beglichen werden. Doch wer soll das kontrollieren? Wer weiss, was im Gespräch zwischen einem Bankmitarbeiter und einer Bankkundin ausgemacht wird? Die Banken dürften aus Eigeninteresse besonders jene staatlich unterstützen, die bei ihnen hohe Schulden haben. Und sie werden sicher in irgendeiner Form darauf drängen, dass alte Bankschulden prioritär beglichen werden.

Zudem kommen die Banken mit dem Paket fast ohne Risiko zu vielen neuen SchuldnerInnen, deren Zinsen faktisch die Nationalbank übernimmt. Viele kleine Firmen haben bislang schuldenfrei gewirtschaftet, ihre Bankbeziehung beschränkt sich auf Ein- und Auszahlungen. Nun müssen sie sich gegenüber Bankangestellten rechtfertigen, die primär daran interessiert sind, dass Firmen hohe Umsätze machen – egal, womit und auf Kosten von wem.

Um es klar zu sagen: Es ist richtig, wenn der Staat den in die Krise geratenen Unternehmen hilft. Aber es gibt keinen Grund, die Hilfe an die Banken zu delegieren. Kleinere Beträge könnte der Bund in Form von Direktzahlungen vergeben. Deutschland etwa zahlt kleinen Unternehmen von bis zu zehn Beschäftigten Unterstützungsbeiträge von bis zu 15 000 Euro monatlich. Kredite und Bürgschaften übernimmt in unserem nördlichen Nachbarland die staatliche Kreditagentur KFW. In der Schweiz könnten das etwa die Gemeinden oder Kantone machen. Diese könnten die Vergaben dann auch mit sozialen und ökologischen Bedingungen verknüpfen. Mit der jetzigen Verordnung werden bloss alte Strukturen erhalten – und die Banken in ihrer Macht gestärkt.