Pop: Schwelgen im Waldhaus

Nr. 28 –

«Dead language» singt Jesse Tabish einmal, aber mit der toten Sprache ist wohl nicht der etwas museale Pomp gemeint, den Tabish mit seiner Band Other Lives perfektioniert. Ihre Videos zeigen die Band aus Oklahoma als musikalische Waldhauskommune, die man auch gut für eine Mobilfunkwerbung casten könnte, und auf ihrem vierten Album, «For Their Love», klingt alles so geschmackvoll, dass nichts mehr wehtut: Der persönlichste Song ist einem ermordeten Jugendfreund gewidmet, aber das Drama verschwindet hinter den Kulissen einer schwelgerischen Wildwestballade samt Surfgitarre, Kastagnetten und Mariachi-Trompete («We Wait»).

Es hat etwas Streberhaftes, wie punktgenau Other Lives ihren opulenten Folk drapieren: hier der effektvolle Schlag auf eine Röhrenglocke, dort ein paar Takte Hackbrett oder Bassklarinette, und hinten tänzeln ein paar Frauenstimmen, als wären sie grad dem Musical «Hair» entsprungen. Zwischendurch wirds mal kurz spartanisch auf dem Album, um die Intimität einer Folkdarbietung zu behaupten, aber dann ziehen auch schon wieder feierliche Streicher und Engelschöre auf. Alles hier ist so apart hergerichtet und so perfekt ineinander verwoben – ein klingender «Schöner wohnen»-Katalog für Neohippies. Oder weniger bös gesagt: So klingt Kirchenmusik für Menschen, die keiner Kirche angehören und auch nicht unbedingt an Gott glauben. Aber vielleicht an die Kraft des sorgfältigen Arrangements.

Other Lives: For Their Love. Play It Again Sam. 2020