Präsidentschaftswahl in Polen: Zum Schlechten verschoben

Nr. 29 –

Es ist angerichtet: Der rechtskonservative Andrzej Duda darf Polen weitere fünf Jahre als Staatsoberhaupt vorstehen – und wie bisher den Chefunterzeichner für alle Gesetze geben, die von der regierenden PiS auf den Weg gebracht werden. Dudas Wahl ist ein Triumph für PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski. Mit einer Mischung aus links anmutenden Sozialprogrammen, der Ankündigung eines starken und eingreifenden Staates sowie einer nationalistischen Politik hat Duda nach einem schmutzigen Wahlkampf knapp gesiegt.

Der Preis indes, den das Land und seine Gesellschaft für die PiS-Herrschaft zahlen werden, könnte hoch sein. Denn die PiS rüttelt an Grundsätzlichem: an menschlichen und gemeinschaftlichen Handlungsnormen. Seit ihrem Machtantritt 2015 hat sie viele Standards zum Schlechten verschoben, die die Gewaltenteilung, die Transparenz und die Unabhängigkeit von Institutionen sowie politische Korruption und staatliche Willkür betreffen. Immer mehr Menschen sagen und vollführen immer skandalösere Dinge, als wäre es das Normalste auf der Welt: Einst renommierte JournalistInnen lesen von PolitikerInnen erstellte Fragenkataloge ab. Eigentlich friedliche Leute beschimpfen voller Wut und Angst LGBT-AktivistInnen, die schweigend für ihre Rechte demonstrieren, als «rote Horde, auf die man mit der Sichel draufschlagen» müsse. Statt Dialog – wenn schon nicht über Klassengrenzen, so doch wenigstens über politische Präferenzen hinweg – gibt es feindselige Schreie. Kein Wunder in einem Land, in dem der informelle Staatschef seine KonkurrentInnen als «Mörder» und Personen «ohne polnische Seele» bezeichnen kann.

Jenseits aller politischen Folgen, jenseits des daherschleichenden Autoritarismus, jenseits des PiS-Beitrags zur EU-Desintegration verstärkt die Wiederwahl Dudas zunächst vor allem eines: die Verrohung der Menschen. So ist es nun an all jenen, die Duda und die PiS nicht wegen, sondern trotz ihres giftigen Machtzynismus die Stimme gaben, und all jenen, die gegen ihn stimmten, die Mauer abzutragen, deren Bau von oben verordnet wurde. Historische Notwendigkeiten gibt es nicht – und auch die politische Verrohung im Sinne Kaczynskis ist keine solche.