Geschäftsmieten: Gutschweizerischer Vertrauensbruch
Vertrauen ist schwer zu gewinnen und einfach zu verlieren. Das gilt besonders in einem Metier, wo gerne das eine gesagt, aber das andere getan wird. Das Ringen um eine Entlastung der durch den Lockdown im Frühjahr geschädigten Geschäftsmieter ist diesbezüglich eine Lehrstunde.
Noch im Juni feierten die Räte ihre gutschweizerische Kompromissfähigkeit in einem von unversöhnlichen Standpunkten geprägten Problemfeld. Nach intensivem Lobbying sollte jenen Betrieben, die zusperren mussten, ein Teil der Miete erlassen werden. Maximal sechzig Prozent Mietnachlass, auf 20 000 Franken gedeckelt, wurden ausgehandelt, und dem Bundesrat wurde ein entsprechendes Gesetz aufgezwungen.
Während Beizerinnen und Coiffeure aufatmeten, begab sich im Stillen, was mindestens so schweizerisch ist. Die Arbeit der Immobilienbesitzer lief weiter, wackelige PolitikerInnen, vor allem der CVP, wurden auf Kurs gebracht, sodass nun die Rechtskommission des Nationalrats vom gefeierten Kompromiss nichts mehr wissen will. Dass betroffene Betriebe entlastet werden, glaubt in Bern niemand mehr. Zu stark ist die Angst, das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Mieterinnen und Vermietern nachhaltig zu verändern.
Eine besonders zwielichtige Rolle spielt der Bundesrat, der hartnäckig behauptet, das Problem existiere gar nicht, da sich die Mehrheit der Vermieterinnen und Mieter auf dem individuellen Verhandlungsweg über einen Nachlass geeinigt hätten. Tatsächlich wurden laut dem eigenen Monitoringbericht jedem sechsten Betrieb Nachlässe verweigert, vierzig Prozent versuchten noch nicht mal, eine Reduktion zu erhalten.
Warum, bleibt unklar. Naheliegend ist, dass sie in fester Erwartung der angekündigten Bundeslösung vergassen, dass ein Gesetz einen langen Weg zurücklegt, bevor es gilt. Einen Weg mit vielen Schlaufen und Gelegenheiten, das zu tun, was die bürgerliche Ratsmehrheit schon immer tun wollte. Nämlich gar nichts.