Coronamassnahmen: Hände weg vom Demonstrationsrecht!

Nr. 45 –

Reichskriegsflaggen, QAnon-Poster, Plakate mit Slogans wie «Zwangsimpfungen stoppen», und das alles ohne Schutzmaske: Selten war es so einfach, Sympathien für ein Demonstrationsverbot zu entwickeln, wie es aktuell von den Sicherheitsdirektoren des Kantons und der Stadt Bern gefordert wird. Warum die Einschränkung der Grundrechte auch in Zeiten hoher Ansteckungszahlen nicht angebracht ist, zeigt ein Blick auf den vergangenen Demosamstag in der Berner Innenstadt.

Das Gesundheitspersonal demonstrierte, weshalb und wie man auch in Pandemiezeiten seine Anliegen auf die Strasse tragen kann. Da weder grosszügiger Applaus noch mündlich zugesicherte Solidarität ihre Arbeitsbedingungen verbessert haben, forderten die im Gesundheitswesen Beschäftigten an einer bewilligten Kundgebung mehr Anerkennung und Lohn. Die etwa tausend Personen trugen Hygieneschutzmasken und hatten sich mit viel Abstand auf dem Bundesplatz verteilt. Am selben Tag zeigte eine andere Gruppierung am gleichen Ort, wie man es nicht machen sollte: Zwischen fünfzig und hundert sogenannte CoronaskeptikerInnen versammelten sich am frühen Nachmittag ohne Bewilligung und, trotz geltender Maskenpflicht bei fehlendem Abstand, mehrheitlich ohne Mund-Nasen-Schutz auf dem Bundesplatz. Nachdem sie die Polizei weggewiesen hatte, zogen die DemonstrantInnen durch die Innenstadt, hielten die Bundesverfassung hoch und skandierten «Maske weg».

Und die Polizei? Die Einsatzkräfte begleiteten die Demonstrierenden ein Stück durch die Altstadt, hielten ein paar von ihnen an und führten Personenkontrollen durch. Wozu nun ein Verbot benötigt wird, bleibt also unklar: Rein die Tatsache, dass es die Polizeiarbeit noch einfacher machen würde, wie Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) auf Telebärn meinte, ist eine schwache Begründung für die Einschränkung eines Grundrechts. Stattdessen zeigt die vom Gesundheitspersonal durchgeführte Protestwoche, wie zentral und alternativlos die direkte Aktion immer noch ist, um sich Gehör zu verschaffen – ob einem der Anlass passt oder nicht.