100 Wörter: Ein Querulant mit Stalinorgel
Wenig durchdacht schien die Weisung des Regierungsrats, in der Silvesternacht das Abfeuern von Raketen vom heimischen Balkon aus zu erlauben. Schrommendrum nämlich, ein Querulant, wenn auch kein Querdenker, hatte noch die eine oder andere Rechnung mit Leuten offen, die im Beschusskreis von Feuerwerksraketen hausten. Was er sich in Fachhandel und Internet zusammengekauft hatte und zu einer veritablen Stalinorgel zusammenzubauen gedachte, hätte beträchtlichen Schaden anrichten können. Zum Glück für die ahnungslose Nachbarschaft rutschte er am Weihnachtsabend beim Versuch, eine halb öffentliche Tannenbaumbeleuchtung kurzzuschliessen, dermassen aus, dass er mit einem gestauchten Steissbein heimkriechen und dort für zwei Wochen das Bett hüten musste.
Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held», «Stirb, schöner Engel», «Mordgarten») und lebt in Zürich. Letzten Herbst ist sein neuster Köbi-Krimi, «Pöschwies», im Bilgerverlag erschienen. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen. Eine Auswahl unter dem Titel «100 Mal 100 Wörter» sowie «Mordgarten» und «Pöschwies» sind im WOZ-Shop www.woz.ch/shop als Buch erhältlich.