Frontex Files: Ein Herz für die Rüstungsindustrie

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Der Satiriker Jan Böhmermann drückte in seinem «Magazin Royale» schelmisch grinsend auf einen Knopf – und schon waren sie unter frontexfiles.eu veröffentlicht: die Namen der Rüstungs- und Sicherheitsfirmen, mit denen sich die europäische Grenzschutzagentur Frontex trifft. Konzerne wie Thales oder Safran finden sich darunter, die auch Niederlassungen in der Schweiz unterhalten. Ebenso Hersteller von Pistolen wie Glock oder Firmen, die auf Drohnen oder biometrische Überwachung spezialisiert sind. Obwohl sich Frontex gerne vertrauenswürdig gibt – Motto: «We are professional. We are respectful. We care» –, gehörten die Treffen mit LobbyistInnen zu den bestgehüteten Geheimnissen der Agentur. Die Gästelisten, die Böhmermanns MitarbeiterInnen per Öffentlichkeitsrecht bei der EU eingefordert haben, belegen: Mit der Aufrüstung der Grenzen ermöglicht Frontex vor allem auch ein bombastisches Geschäft für die Rüstungsindustrie.

Frontex, 2004 mit Sitz in Warschau gegründet, koordinierte ursprünglich die Zusammenarbeit der Grenzwachen im Schengen-Raum. Seit kurzem verfügt die Agentur über eine ständige Reserve von GrenzschützerInnen und eigenes Material. Auf die Expansion folgte die Kritik: Letztes Jahr wurde bekannt, dass Frontex in die illegale Rückführung von Geflüchteten in der Ägäis verwickelt ist. Direktor Fabrice Leggeri soll der Einhaltung der Menschenrechte sowie des Asylrechts keine Priorität einräumen. Der Verwaltungsrat hat eine Untersuchung eingeleitet, auch die Schweiz ist als Schengen-Mitglied im Gremium vertreten. Auf eine Anfrage der Grünen Greta Gysin hat der Bundesrat Aufklärung über die Pushbacks versprochen. Zudem ermittelt die Antibetrugsbehörde Olaf der EU. Wie der «Spiegel» in seiner neusten Ausgabe berichtet, geht es dabei um Geschäfte mit einer polnischen Softwarefirma.

Dass Fabrice Leggeri am Ende über seine Nähe zur Industrie stolpert und nicht über Menschenrechtsverletzungen, mag zwar irritierend sein. Folgerichtig ist es angesichts der Frontex Files aber alleweil.