Zürcher Stadtpolizei: Eine recht spezielle Linientreue
Eine dünne blaue Linie, die durch ein graues Schweizerkreuz und den schwarzen Hintergrund läuft: Mit einem «Thin Blue Line Switzerland»-Aufnäher traten am vergangenen 1. Mai wieder einmal einige Beamte der Beweismittelsicherungs- und Festnahmeeinheit der Stadtpolizei Zürich (BFE) in Erscheinung.
Die blaue Linie soll, als Symbol für die Einsatzkräfte, die beiden schwarzen Flächen – einerseits die Kriminellen, andererseits die wehrlosen BürgerInnen – voneinander trennen: die Polizei als letzte Bastion zwischen Ordnung und Chaos.
In den USA ist das Logo besonders im Rahmen der «Blue Lives Matter»-Bewegung, der Gegenbewegung zu Black Lives Matter, gross geworden. Die Thin Blue Line ist dort besonders bei weissen Chauvinisten ein beliebtes Symbol, um ihre Unterstützung für das rigorose Vorgehen der Einsatzkräfte gegen Schwarze Protestierende zu verdeutlichen.
Auf der von zwei Waadtländer Polizisten gegründeten Website «Thin Blue Line Switzerland» werden neben Hunderten Artikeln mit dem Symbol auch vermutlich selbstironische Aufnäher mit der Aufschrift «Mama says I’m special» angeboten.
Tatsächlich ist die BFE etwas «special»: Meist treten ihre Angehörigen im Kontext von Fussballspielen auf, immer öfter jedoch auch gegen linke Demonstrierende. Rigoros griffen BFE-Grenadiere etwa gegen Teilnehmerinnen der diesjährigen Frauendemo am 6. März durch. Die BFE soll Pfefferspray aus nächster Nähe eingesetzt, Teilnehmerinnen geschlagen sowie rassistisch und sexistisch beleidigt haben. Auch an anderen linken Demos der letzten Jahre taten sich die BFE-Beamten durch physische und verbale Gewalt hervor – so auch an diesem 1. Mai.
Wenn diese dünne Linie das Einzige sein soll, was zwischen der Gesellschaft und dem Chaos steht: Wer definiert dann, was Gewalt und was Chaos ist, etwa in Abgrenzung zu Staats-, struktureller oder Polizeigewalt? Wer legt fest, wer zu dieser Gemeinschaft gehört und wer zur anderen Seite? Und: Wer schützt beide Seiten, wenn die blaue Bastion die Linie überschreitet?