Tipp der Woche: Aus dem Nachlass eines Pioniers
1993 starb er 83-jährig in seiner Villa in den Hollywoodhügeln von Los Angeles. Als Kameramann im Sold Walt Disneys hatte er Ende der 1950er Jahre gleich zwei Oscars gewonnen: für den Dokumentarfilm «Ama Girls» und den Kurzfilm «Grand Canyon», in dem er zwei Klapperschlangen mit der für sie exakt richtigen Bodentemperatur zum wohligen Sich-Winden brachte.
Trotzdem ist der gebürtige Thurgauer Ernst A. Heiniger heute wohl den wenigsten ein Begriff. Sein halbes Leben lang war er besessen von der technischen Herstellbarkeit eines möglichst nahtlosen Rundumpanoramas. Für die Expo 64 in Lausanne drehte er im Auftrag der SBB den ersten 360-Grad-Film der Schweiz. «Rund um Rad und Schiene» war eine Sensation und wurde in einem Rundtheater mit einem Durchmesser von 26,5 Metern im Halbstundentakt aufgeführt.
Heute ist dieses Pionierstück in einem kleineren Massstab in der Fotostiftung Schweiz zu sehen. «Good Morning, World!», die erste grosse Retrospektive seit seinem Tod, zeigt aber auch das reichhaltige und perfektionistische fotografische Werk des gelernten Retuscheurs. Dokumentarisches wie der Sprung über eine Gletscherspalte im Berner Oberland (rechts) etwa, oder verspielt moderne Bijous wie der «Weissweinstern» (links), der mit seinem Augenmerk auf Strukturen und Formen der «Neuen Fotografie» oder «Neuen Sachlichkeit» zugeordnet wird.
«Ernst A. Heiniger – Good Morning, World!» in: Winterthur Fotostiftung Schweiz, bis 10. Oktober 2021. www.fotostiftung.ch