Am Ende bist du doch allein: Die Reise des externen Genitals

Nr. 35 –

Da kauert Elon Musk.

In seinem Anwesen auf dem Mars, umgeben von Geräten, die mit ihm reden. Macht ja sonst keiner.

Es ist langweilig, wenn man alles geschafft hat,

wenn der Applaus nicht stattfindet, hier klatscht doch keiner –

denn in der Nachbarschaft kauern Leute wie er. Manche, die es sich auch anders vorgestellt hatten.

Elon wollte immer nur das Beste für –

egal,

er wollte Fortschritt. Unter dem er sich – wie alle Technokraten – etwas Spiessiges vorgestellt hatte. Eine Welt wie die Skizzen eines «Herr der Ringe»-Fans – aber: Hut ab, Elon hat seine Träume wahr werden lassen: Panzergleiche Elektroautos. Hyperloops, durch die Leute, die es sich leisten können, von Texas nach Arkansas geschossen werden. WeltraumtouristInnen, die viel bezahlen, um im All herumzufliegen. Eine Produktionsfirma für Comedy und Musik (seine Hobbys) und das Neurotechnologie-Unternehmen Neuralink, mit dem man die Gehirne der Massen manipulieren kann (Spoiler: kann man nicht).

Elon Musk war vermutlich ein kluges Kind, das langt ja bereits, um von der Masse der etwas Blöderen abgelehnt zu werden. Er fühlte sich als Aussenseiter und ist dadurch geprägt worden – heute sind ihm Menschen suspekt und sein Verstand scheint ihm überragend.

Alleinstellungsmerkmale, die er mit vielleicht sieben Milliarden teilt. Herr Musk brach, das gehört heute zur Genielegendenbildung, sein Studium ab, um gemeinsam mit dem Eremiten Peter Thiel das grösste Finanzbewegungsdatensammelunternehmen Paypal zu gründen – und es zu verkaufen. Damit kam der Reichtum, der ihm Raum gab, um «seine Visionen auszuleben und für drängende Probleme Lösungen zu finden»,

und vermutlich die PR-Beraterin,

die ihm riet, solche Sätze zu sagen und sich zu labeln. Aus dem farblosen Studienabbrecher mit Coding-, Ingenieurs- und physikalischem Basiswissen wurde das verwuschelte, schräge Genie, das in seinem Büro kiffte, in Comedyshows auftrat, sang, kryptische Nachrichten twitterte, stammelnde Präsentationen zu neuen Modellen seiner Elektroflotte abhielt. Da, Leute, schaut her: Die Fortsetzung des Kapitalismus mit tollen platzfressenden Autos, die Massen an Strom verbrauchen, der durch – ach,

egal, wo er herkommt, egal, wer das Lithium liefert, wo seltene Erden abgebaut werden. Egal, dass die Strassen mit diesen Riesenautos genauso verstopft werden wie vorher –

so geht die Zukunft. Einfach mal machen und hoffen, dass irgendwer die Sauerei danach wieder aufräumt.

Elon Musk hätte seinen technischen Verstand dafür verwenden können, um die Welt zu retten. Mit Lösungen für eine volldigitalisierte Welt, deren Menschheit durch ein Blackout gefährdet ist, oder der Überlegung, ob Wagen, die man durch einen simplen RCE-Hack übernehmen kann, sinnvoll sind,

oder woher der Strom kommen soll, den die Autos verzehren,

und wie man – statt wie in Deutschland mittels mit bis zu 9000 Euro subventionierter SUVs für eine Oberschicht – alle Menschen elegant befördert, ohne haufenweise Elektroschrott und Batterieabfall herzustellen.

Schwamm drüber –

Der bisherige Höhepunkt von Musks Karriere war, als er neben Donald Trump die Reise seines externen Genitals ins All verfolgte.

Auch für die lästigen Menschen, die für Elon Musk bei der Umsetzung seiner Träume noch nötig sind, hat er eine Lösung gefunden: den Tesla Bot. Der witzige Roboter, der den Menschen langweilige Tätigkeiten abnehmen wird. Also eigentlich fast jede Arbeit. Hurra, der Roboter tanzt, Elon stottert und redet sich in die gescriptete Rage. Grossartig – wir können Menschen ersetzen, durch Maschinen: Maschinen nörgeln nicht, sie wollen keine Gewerkschaften gründen, keinen fairen Lohn. Und wehren sich nicht, wenn man eine Fabrik auf ein Naturschutzgebiet in Deutschland pflanzt, hofiert von deutschen PolitikerInnen, die ihn dafür mit Subventionen und Steuerbefreiungen feiern. Die schönen Arbeitsplätze! Die nun leider Maschinen bekommen.

Elon kauert auf dem Mars, allein; dafür, dass er Menschen nicht so mag, hat er doch recht viele von ihnen hergestellt. Die aber aus Rache für ihre Angebernamen nicht mit Papa in die Allwüste ziehen wollten. Elon kocht sein Wasser ab, immer ist da noch diese Angst vor Nanobots, die in die Blutbahn geschossen werden. Könnten. Schade. Vielleicht hätten sie dich zu einem wirklich coolen Menschen gemacht. Prost Elon.

Sibylle Berg lebte in Ostdeutschland, Rumänien und Tel Aviv und wohnt seit langem in der Schweiz. Sie brach wie alle Start-up-EntwicklerInnen ihr Studium (Ozeanografie) ab und entwickelte keine Plattform, sondern schreibt Bücher und Theaterstücke.