Gletscherinitiative: Ohne Hebel nicht ans Ziel

Nr. 40 –

Netto null Treibhausgase bis 2050 – da kann kaum jemand Nein sagen. Offensichtlich ist dieses Ziel mehrheitsfähig, wohl auch, weil es noch weit weg scheint. Der Bundesrat ist dafür, die Stimmbürger:innen des Kantons Bern auch. «Netto null bis 2050» ist auch das Ziel der Gletscherinitiative – und das schon länger: Initiant Marcel Hänggi hat die Idee 2018 lanciert, noch bevor die Klimabewegung Fahrt aufnahm. Die Initiative liefert auch den wichtigsten Hebel mit, um das Ziel zu erreichen: Ab 2050 dürfen in der Schweiz keine fossilen Brenn- und Treibstoffe mehr in Verkehr gebracht werden.

Diesen Hebel will der Bundesrat streichen. Er hat im August einen direkten Gegenentwurf präsentiert, in dem es nur noch heisst: «Der Verbrauch fossiler Brenn- und Treibstoffe ist so weit zu vermindern, als dies technisch möglich, wirtschaftlich tragbar und mit der Sicherheit des Landes und dem Schutz der Bevölkerung vereinbar ist.» Damit dürften auch Panzer weiterhin fossil tanken. Und mit dem Totschlagbegriff «wirtschaftlich tragbar» lässt sich jede umweltpolitische Innovation blockieren.

Der Gegenentwurf widerspricht der Klimaforschung, die klar gezeigt hat, dass fossile Energieträger nicht nur vermindert werden, sondern ganz verschwinden müssen, wenn das Klima nicht vollends ausser Kontrolle geraten soll. Mit ihm verkommt die Vorlage zur blossen Absichtserklärung. Ganz ähnlich wie der Klimaschutzartikel des Kantons Bern, der am 26. September mit fast 64 Prozent Ja angenommen wurde: Gut, kann man sich darauf berufen. Aber ohne Plan zur Umsetzung wird er sein Ziel verfehlen.

Nächste Woche beugt sich die Umweltkommission des Nationalrats über die Gletscherinitiative. In der Kommission sitzen profilierte Umweltpolitiker:innen wie Martina Munz, Ursula Schneider Schüttel oder Bastien Girod – aber auch die Antiumweltpolitiker Walter Wobmann, Albert Rösti und Christian Imark. Bleibt zu hoffen, dass die Vertreter:innen der Mitte, die den Ausschlag geben werden, die Dringlichkeit der Klimaerhitzung erkennen und weiter gehen als der Bundesrat.