Putsch im Sudan : Die Revolution ausgehebelt
Eben noch war General Abdel Fattah al-Burhan Vorsitzender des Souveränen Rats, nun hat er das elfköpfige Gremium eigenhändig aufgelöst. Nächsten Monat hätte der Vorsitz dieses Übergangsrats, der nach der Absetzung von Sudans Langzeitherrscher Umar al-Baschir 2019 gegründet wurde, von der militärischen an die zivile Fraktion übergehen sollen. Das haben Burhan und seine Mitstreiter mit einem Putsch am Montagmorgen verhindert – und damit aufgezeigt, dass die führenden Militärs noch immer nicht bereit sind, sich in den Dienst einer Demokratie zu stellen, die im Sommer 2023 definitiv hätte etabliert werden sollen. War es das mit der Revolution im Sudan?
Den Worten Burhans nach natürlich nicht, er inszenierte sich und seine starken Männer in einer Fernsehansprache als die wahren Hüter der Revolution von 2019. Dabei hatten die Millionen Sudanes:innen, die sich damals am Aufstand beteiligten, genau das Gegenteil zum Ziel: Die alles durchdringende Macht der Militärs sollte endlich gebrochen werden. Nun haben die Putschisten die ganze Macht wieder an sich gerissen – und zwar im vollen Bewusstsein, sich damit erneut in internationale Isolation zu begeben. Die finanziell und wirtschaftlich einschneidenden Folgen nehmen sie in Kauf. Wohl nicht zuletzt deshalb, weil sie in einem demokratischen Sudan dereinst für die diktatorischen Jahrzehnte zur Rechenschaft gezogen werden könnten.
Seit Baschirs Sturz erlebte der Sudan alles andere als eine ruhige Zeit, die Übergangsphase war fast durchgehend von Konflikten und einer grossen wirtschaftlichen Krise geprägt. Nun wendet sich der politische Lauf wieder vollends zuungunsten der Bevölkerung, als weitere Episode in der von einem Dutzend Militärputschs geprägten Unabhängigkeitsgeschichte des Vierzig-Millionen-Landes. Bilder aus der Hauptstadt Khartum zeigen, dass Zigtausende Menschen nicht bereit sind, das Land hinter die Errungenschaften der Revolution zurückfallen zu lassen: Sie versammelten sich trotz Strassen- und Kommunikationssperren. Bloss fragt sich, welche Mittel ihnen bleiben, um den Militärs, die aus der Erfahrung von 2019 gelernt haben, das Machtmonopol erneut streitig zu machen. Die Zähigkeit der Protestierenden dürfte auf die nächste harte Probe gestellt werden – und die Repression könnte noch blutiger ausfallen als unter Diktator Baschir.