Frauensession: Mehr Sichtbarkeit für die Gleichstellung

Nr. 44 –

Nur Frauen im Nationalratssaal. Mit dabei: unter Achtzehnjährige, Menschen mit Beeinträchtigung, People of Color, Personen ohne Schweizer Stimmrecht. Eine facettenreiche Vertretung der Bevölkerung also, die sich am Wochenende in Bern zur «Frauensession» traf. Organisiert wurde das Treffen unter anderem von der Gleichstellungsorganisation Alliance F.

Auch heute, fünfzig Jahre nach Einführung des Frauenstimm- und -wahlrechts, sind Frauen in der Politik untervertreten: Im Ständerat machen sie gerade mal 26 Prozent aus, im Nationalrat sind es 42 Prozent. Schweizer Politik wird also weiterhin massgeblich von Männern entworfen.

Eine Session ohne Männer fand nun seit 1991 zum zweiten Mal statt. Die Frauen konnten sich im Vorfeld bewerben und wurden online ausgewählt. So kamen 200 Teilnehmerinnen zusammen, die meisten ohne aktive Politerfahrung, dazu 46 Politikerinnen. Die 246 Frauen hatten seit August in acht Kommissionen etliche Petitionen erarbeitet, von denen knapp zwei Dutzend am Wochenende verabschiedet und dem Parlament übergeben wurden. Dabei ging es von altbekannten Themen wie der Lohngleichheit über aktuelle Debatten wie die Revision des Sexualstrafrechts, die Aufwertung von Care-Arbeit oder weibliche Altersarmut bis hin zu neuen Forderungen wie geschlechterausgeglichener Forschung.

Verabschiedet wurden die Petitionen mit stehenden Ovationen. Auch die Rückmeldungen an die Presse waren durchgehend positiv bis euphorisch: Die Frauensession habe konstruktive Gespräche und Lust auf politisches Engagement gebracht, sagten Teilnehmerinnen. Schnell wurde von bürgerlicher Seite relativiert: Die wenigsten Vorstösse hätten reelle Chancen im Parlament und seien sowieso viel zu grün-links gefärbt gewesen. Dass die Bürgerlichen es verpasst hatten, für das Treffen zu werben und engagierte Frauen zur Wahl aufzustellen, zeigt aber vor allem fehlendes Verständnis für etwas Fundamentales: wie wichtig Vernetzung und Austausch sind, um für Forderungen Mehrheiten zu finden und diese anschliessend in Realpolitik umzuwandeln.