Neues aus der Wissenschaft: Nur mit besten Absichten
Youtube ist offenbar für die Mehrheit der Nutzer:innen eine Videoplattform, auf der sie sich praktische Lernvideos anschauen – von «Wie mache ich gebrannte Mandeln?» bis zu «Wie frisiere ich mein Mofa?». Natürlich geht das auch theoretischer: «Wie funktioniert der Satz des Pythagoras?» Da ist dann manch eine:r froh, den Pausenknopf drücken und zurückspulen zu können, um sich einen Schritt nochmals erklären zu lassen.
In Deutschland interessiert sich ein interdisziplinäres Forschungsteam von gleich drei Universitäten dafür, wie Menschen solche Lernvideos nutzen. Oder präziser, wann genau sie den Pausenknopf betätigen und warum. Als Untersuchungsbasis diente ihnen das audiovisuelle Portal der Technischen Informationsbibliothek (TIB) in Hannover. Auf dieser Plattform finden sich fast 39 000 Lernvideos aus Informatik, Mathematik, Physik, Biowissenschaften, Chemie, Medizin und Technik, aber auch aus geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Fächern. Um die nicht sonderlich überraschende Erkenntnis gleich vorwegzunehmen: Nutzer:innen drücken dort auf Stopp, wo es kompliziert wird und sie den Faden verlieren. Und sie gönnen sich eine Pause zwischen verschiedenen inhaltlichen Sequenzen.
Ungleich interessanter ist, wie die Forscher:innen zu diesem Resultat kamen. Sie führten nicht etwa eine kontrollierte Laborstudie durch, sondern griffen auf «anonymisierte Nutzungsdaten aus realen Anwendungen» zu, sogenannte Video-Logfiles des audiovisuellen Portals, um «psychologische Rückschlüsse zu ziehen» auf das «natürliche Nutzungsverhalten», wie es einer der Beteiligten ausdrückt. Natürlich spionieren sie die ahnungslosen Wissbegierigen mit den besten Absichten aus: um künftig an schwierigen Stellen Verständnisfragen einzublenden.
Was auf einer universitären Plattform möglich ist, geschieht auch auf Youtube – die individuelle Überwachung von Klick zu Klick. Aber vielleicht nicht unbedingt mit hehren edukativen Absichten.
Hehre Absichten oder nicht: Darf eine Uni ihre ahnungslosen Nutzer:innen überhaupt so ausspionieren?