Leser:innenbriefe

Nr. 48 –

Meinungsvielfalt gewürdigt

«Covid-19-Gesetz: Wann ist Rebellion berechtigt?», WOZ Nr. 45/2021 , «PR-Panne: Geimpfte für die Goal AG», WOZ Nr. 47/2021

Beim Durchscannen der WOZ der letzten drei bis vier Monate stelle ich mit Genugtuung fest, oder habe zumindest den Eindruck, dass die Meinungsvielfalt im linken Spektrum von euch mittlerweile mehr wahrgenommen und gewürdigt wird – gerade etwa mit dem Artikel «Wann ist Rebellion berechtigt?». Das ergibt für mich ein differenzierteres, hilfreicheres Gesamtbild. Wird diese Vielfalt der Meinungen, Strömungen und Akteure wahrgenommen, ist es auch richtig und wichtig, wie ihr sie in der gewohnten Qualität kritisch und scharf hinterfragt und beobachtet, zum Beispiel mit «Geimpfte für die Goal AG» in der WOZ von letzter Woche. Danke euch für euren Durchhaltewillen und eure starken Nerven!

Manuel Ott, per E-Mail

Digital reduziert

«Leser:innenbriefe: Digitalisierung vermeidbar?», WOZ Nr. 47/2021

Wie die Autorin des Leserinnenbriefs danke auch ich Ihnen für die Gedanken über nachhaltige Digitalisierung. Und sie spricht mir aus dem Herzen mit ihrer Frage, wie viel Positiveres als die analoge Welt die Digitalisierung mit sich bringe. Ich persönlich habe digital reduziert und fühle mich sehr wohl damit, etwas langsam machen zu «müssen».

Simon Mattmüller, Basel

Es trifft EU-Bürger:innen

«wobei» Nr. 6, beigelegt der WOZ Nr. 47/2021

Ich habe mich sehr über das «wobei» zum Thema «Armenjagd in der Schweiz» gefreut. Die Verbindung zwischen Sozialhilfe- und Migrationsrecht ist skandalös, und ihre unmenschliche Seite muss immer wieder aufgezeigt werden, wie Sie es so gut im Artikel machen. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.

Trotzdem hat mich der Artikel auch geärgert. Mit einer ziemlich pauschalen Aussage servieren sie EU- und EFTA-Bürger:innen ab, wie wenn sie kaum wegen Bezug von Sozialhilfe Probleme bekommen würden. Dabei scheinen Sie zu vergessen, dass es auch sehr viele EU-Bürger:innen gibt, die in Niedriglohn- und körperlich anspruchsvollen Sektoren arbeiten. Es gibt darunter zum Beispiel Menschen, die oft nach Unfällen oder wegen körperlichen Verschleisses nach vielen Jahren harter Arbeit ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben können. Für die IV sind sie aber in einer «angepassten Tätigkeit» hundert Prozent arbeitsfähig. Ihrer Meinung nach ist deren «Aufenthaltsrecht auch bei einem Sozialhilfebezug nicht gefährdet», da sie ja dreissig Prozent arbeiten könnten. Meinen Sie wirklich, dass eine portugiesische Putzfrau, die nicht mehr in der Lage ist, zu putzen, einen Dreissig-Prozent-Bürojob findet? Oder ein 55-jähriger italienischer Bauarbeiter, der keine schweren Gewichte mehr heben kann? Natürlich ist mir auch bewusst, dass das Migrationsrecht für Nicht-EU-/EFTA-Bürger:innen härter ist. Aber die wirkliche Situation der Menschen ist nicht immer so klar und eindeutig, wie Sie es darstellen.

Marília Mendes, per E-Mail

Ethisch zulässig

«Impffragen: Physischer Zwang nicht möglich», WOZ Nr. 47/2021

Die WOZ suggeriert, eine Impfpflicht sei nicht notwendig, solange die Ungeimpften sich testen liessen. Dabei wird übersehen, dass die Tests, so wertvoll sie auch sind, eine hohe Falschnegativrate haben. Auch die Impfung schützt nicht zu 100 Prozent. Deshalb setzen die Nachbarländer zu Recht zunehmend auf «2G plus»: Impfverweigerer werden stärker eingeschränkt, und auch Geimpfte müssen sich regelmässig testen lassen.

Im Artikel heisst es, vor einem Impfobligatorium müssten alle milderen Mittel ausgeschöpft sein. Welche «milderen Mittel» sind das? Betriebsschliessungen, Kontaktbeschränkungen, Grenzschliessungen, Ausgangssperren, Verbot kultureller Veranstaltungen, Besuchsverbot im Pflegeheim … All diese Massnahmen sind weitaus gravierender, nicht zuletzt, was die psychischen Folgen angeht, als ein Impfpiks. Sowohl ethisch wie verfassungsrechtlich ist es nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, angesichts der grassierenden Pandemie Impfverweigerer von vulnerablen Personengruppen fernzuhalten.

Nur im letzten Absatz geht die WOZ überhaupt auf die Gefährdung Dritter etwa durch ungeimpfte Pflegepersonen ein. Deren Recht auf körperliche Integrität wird letztlich achselzuckend geopfert. Zu einem so wichtigen Thema erscheint mir diese Diskussion oberflächlich und leichtfertig.

Toni Menninger, per E-Mail