Luftverkehr: Irrsinn über den Wolken

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Kurz vor Weihnachten durfte Lufthansa-CEO Carsten Spohr der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sein Leid klagen. Die Massnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie haben weltweit zu einem Einbruch des Flugverkehrs geführt. Und zu einem klimapolitischen Irrsinn: Gemäss Spohr sei die Lufthansa gezwungen, allein in diesem Winter 18 000 sinnlose Flüge ohne Passagiere durchzuführen. Grund dafür ist ein Entscheid der EU-Kommission zur sogenannten Slot-Regelung, über die Fluggesellschaften ihre Start- und Landerechte in Europa erwerben. Für den aktuell geltenden Winterflugplan sieht die entsprechende Regelung vor, dass fünfzig Prozent der geplanten Flüge auch tatsächlich durchgeführt werden müssen – unabhängig von der Belegungsquote.

Auch die Lufthansa-Tochter Swiss muss solche Leerflüge abwickeln, die exakte Zahl wollten weder die Schweizer Fluggesellschaft noch der Mutterkonzern gegenüber der WOZ kommunizieren. Es dürften mehrere Hundert sein.

«Das schadet dem Klima» und sei exakt das Gegenteil von dem, was die EU mit ihrem «Green Deal» erreichen wolle, sagte der Lufthansa-CEO Spohr völlig zu Recht. Sein Wehklagen darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Flugverkehr grundsätzlich eine sehr problematische Rolle im Kampf um die Eindämmung der Klimaerwärmung spielt: Die indirekt stark subventionierte Industrie, die beispielsweise keine Kerosinsteuer abgeben muss, will in den kommenden Jahrzehnten weiterwachsen. Dabei setzt sie auf angeblich grüne, neue Technologien wie Wasserstoff oder synthetischen Treibstoff. Doch deren Herstellung ist enorm energie- und ressourcenintensiv; eine wesentliche Entlastung der Klimaerwärmung bringt das nicht.

Ganz anders als eine massive Reduktion des Flugverkehrs. Statt die Kapazitäten und Frequenzen möglichst rasch wieder auf das Niveau vor Corona hochzufahren – und dafür absolut widersinnige Leerflüge durchzuführen –, ist eine Kehrtwende angebracht. Genau das will die internationale Allianz Stay Grounded, die von 170 umweltpolitischen NGOs lanciert wurde. Die Forderung: Der Flugverkehr soll auf ein Minimum reduziert werden. Anfang Dezember wurde sie dem Bundesrat übergeben.