Berner Rückkehrzentren: Politisch motivierte Verachtung
Der Berner Regierungsrat Philipp Müller zeigt sich pikiert. Da gibt seine Sicherheitsdirektion bei der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) einen Bericht zur Situation in den Berner Rückkehrzentren in Auftrag – und dieser kommt nicht so heraus, wie Müller sich das vorstellt. Denn die Kritik der NKVF an den Zuständen ist deutlich. Doch statt diese ernst zu nehmen, behauptet Müller nun, die Ergebnisse seien «nicht substantiiert» und damit «wohl eher politisch motiviert».
Die NKVF stuft die Situation in den Zentren Aarwangen, Biel-Bözingen und Gampelen für alle Bewohner:innen als «kritisch» und für Familien und Kinder gar als «menschenunwürdig» ein. Konkret bemängelt sie viel zu enge Platzverhältnisse, fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten und Rückzugsräume für Kinder und Jugendliche und die restriktive Handhabung bei der Auszahlung der Nothilfegelder.
In den Rückkehrzentren leben Menschen, die das Land nach einem Nichteintretensentscheid oder einem abgelehnten Asylgesuch verlassen sollen. Gegen sie fährt die Politik immer schwerere Geschütze auf. Der von Mitte-links bis rechts aussen geführte Diskurs der Härte behauptet, man dürfe es den Menschen nicht zu gemütlich machen, denn sie sollen ja ausreisen. Müller schreibt, die Menschen seien ja freiwillig hier und nur ein paar Monate in den Zentren. Doch tatsächlich leben viele jahrelang in den Rückkehrzentren, weil sie keine andere Perspektive haben, unter ihnen Kinder, die oft hier geboren wurden, die Schule besuchen und nichts anderes kennen als Enge und Hoffnungslosigkeit. Um ihr Schicksal foutieren sich Politiker wie Philipp Müller. Er weist die meisten Kritikpunkte der NKVF mit dem Verweis auf mangelnden Spielraum zurück. Freilich gäbe es solchen, wie das Beispiel anderer Kantone zeigt. So wohnen etwa in Basel-Stadt immer mehr betroffene Familien in normalen Wohnungen. Doch im März sind in Bern Regierungsratswahlen, da will er sich «nicht erpressen lassen», wie er in einem Interview sagte.
Wenn hier etwas politisch motiviert ist, dann Müllers Pikiertheit.