Pop: Dämon im Schleudergang

Nr. 17 –

Klingt so vielleicht ein aufgeputschter, psychotischer Dämon, eingeschlossen in einer Wäschetrommel im Schleudergang? Jedenfalls ist es die bare Raserei, was Wiegedood hier aufführen: Das Stück baut auf einer einzigen Gitarrenfigur auf, die sich so oft dreht oder windet, bis man an Gitarren nicht mehr denken kann. Rhythmus gibt es zwar, aber er kommt nicht vom maximal verdichteten Schlagzeug, sondern von eingeworfenem Gebrüll. Solche Akzente oder gelegentliche Ausreisser der ganzen Band befeuern die beklemmende Wirkung der obsessiven Wiederholung nur noch.

«FN SCAR 16» heisst dieses apokalyptische Stück Minimal Music, und zu hören ist es auf «There’s Always Blood at the End of the Road», dem neusten Werk der belgischen Black-Metal-Band Wiegedood. Auch in der finsteren Ecke der Popmusik, in der Black Metal sich tummelt, sind die Unterschiede beträchtlich. So klingen etwa die ersten drei Alben von Wiegedood im Vergleich mit dem neuen nun geradezu harmlos. Das hat mit dem kälteren, kantigeren Klang zu tun, aber vor allem damit, wie abstrakt die meisten dieser Songs aufgebaut sind: kaum harmonische Entwicklungen, sperrige Patterns.

Gleichzeitig ist die Musik von Wiegedood vielseitiger und differenzierter geworden. Die schwermütig wogenden Melodien in «Until It Is Not» lassen nach ein paar Songs plötzlich Weite zu, und wie die feingliedrigen Gitarren in «Now Will Always Be» umeinandertänzeln, klingt geradezu zart. Die Stimmen klingen mal nach zügellosem Zorn, mal nach ritueller Hypnose. Das schwindlig machende Riff von «Carousel» deutet gar Humor an.

Was Bands wie Wiegedood machen, wird manchmal als postmoderner Black Metal bezeichnet: Sie behandeln das Genre als Kunstform und bedienen sich virtuos bei dessen musikalischen Gesten, aber lassen den unbehaglichen Überbau aus okkulter Spiritualität und Gewaltverherrlichung weg. Wiegedood klingen hier auch mal wie Marduk, aber eben ohne «Fistfucking God’s Planet», wie es in einem von deren Songs heisst. 

Live: Freitag, 29. April 2022, 21.30 Uhr, Bad Bonn, Düdingen.

Wiegedood: There’s Always Blood at the End of the Road. Century Media / Sony. 2022